Die Palliativmedizin kommt zum Einsatz, wenn die Krebserkrankung eines Patienten als unheilbar eingestuft wird. Sie ist deutlich mehr als reine Sterbebegleitung. Während die eigentliche Tumortherapie das Ziel verfolgt, dem Leben mehr Tage zu geben, geht es bei der Palliativmedizin vor allem darum, den Tagen mehr Leben zu geben.
Fachübergreifende palliativmedizinische Methoden können sowohl im stationären als auch ambulanten Bereich zum Einsatz kommen.
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Definition und Möglichkeiten der Palliativmedizin
Der Begriff „Palliativmedizin“ leitet sich vom lateinischen Wort „Pallium“, Mantel ab. Auch wenn man gegen eine Erkrankung nichts mehr unternehmen konnte, wollte man Symptome eines Patienten, wie Schmerz oder Atemnot, „bemänteln“. Dies hat sich geändert – die Möglichkeiten der Palliativmedizin sind inzwischen vielfältig und wirksam.
War die Palliativmedizin noch vor zwei Jahrzehnten eher eine Randwissenschaft, mit der sich nur wenige Ärzte beschäftigten, ist sie heute ein eigenständiges Fach, Die hat sich weit von der einstigen fatalistischen Einstellung, dass es „nur“ noch um Sterbebegleitung gehe, wegbewegt. Im Gegenteil kann eine gute palliative Therapie selbst fortgeschrittene Erkrankungen, z.B. ein metastasiertes Krebsleiden, so in Schach halten und die Symptome so gut beherrschen, dass eine hohe Lebensqualität erhalten bleibt.
Setzte man früher die Palliativmedizin in Gegensatz zur kurativen, also heilenden Medizin, sieht man heute eher gegenseitige Ergänzungen. So können gezielte Bestrahlungen, tumorwirksame Chemotherapien und sogar operative Eingriffe auch dann symptomlindernd und lebensverlängernd wirksam sein, wenn die definitive Heilung nicht das Ziel ist.
Methoden der Palliativmedizin bei Krebs
Die Methoden der Palliativmedizin sind vielfältig:
- Eine Tumorverkleinerung durch Bestrahlung kann z.B. Schmerzen lindern, die auf Grund von Druck auf Nerven entstanden sind
- Knochenstützende Infusionen können helfen, die Ausbreitung von Knochenmetastasen zu verhindern und Schmerzen am Skelett zu dämpfen
- Kunststoffröhrchen („Stents“) helfen bei Schluckbeschwerden aufgrund von Speiseröhrenkrebs oder bei Gallengangsverschlüssen bei Bauchspeicheldrüsenkrebs
- Eine Punktion kann Ergüsse im Bereich des Rippfelles (Pleuraerguss) oder Bauchfelles (Aszites) entlasen
- Spezielle Auflagen, Spülungen und Antibiotika können geschwürig zerfallende oder infizierte Wunden behandeln
Schmerztherapie
Fast eine Wissenschaft für sich ist die qualifizierte Schmerztherapie, die im Rahmen der Palliativmedizin durchgeführt werden kann. Es gibt eine breite Palette schmerzwirksamer Substanzen. Allein die Gruppe der Morphine umfasst so viele Substanzen, dass der Umgang damit eigene Spezialkenntnisse erfordert. Auch Atemnot kann mit Morphinabkömmlingen sehr gut behandelt werden.
Der Einsatz dieser Medikamente ist abhängig vom Körpergewicht, von der Nieren- und Leberfunktion und auch von der Zielrichtung. Ergänzende Medikamente in der Palliativmedizin sind Antidepressiva, Antiepileptika, Antibiotika und auch Kortisonpräparate.
Psychologische Betreuung
In der Palliativmedizin ist es immens wichtig, sich um die seelische Verfassung der Patienten zu kümmern. Gute Palliativeinrichtungen verfügen über geschulte Psychologen. Auch medikamentös kann einiges für das seelische Gleichgewicht getan werden, insbesondere wenn es zu Angst oder Panik kommt.
Ernährung
Ein spezielles Thema in der Palliativmedizin ist die unterstützte Ernährung bei schwerkranken Patienten. Man weiß heute, dass die früh eingesetzte intravenöse Ernährung die gefürchtete Gewichtsabnahme durch Tumorerkrankungen bremsen kann. Auch spezielle Magensonden können eine gute Ernährung aufrechterhalten, wenn normales Schlucken nicht mehr möglich ist.
Stationäre und ambulante palliativmedizinische Versorgung
Entscheidend ist, dass die Methoden der Palliativmedizin rechtzeitig und fachgerecht eingesetzt werden. Dies erfordert Fachwissen bei Pflegenden und bei Ärzten. Dieses Fachwissen ist auf speziellen Palliativstationen vorhanden, zunehmend auch im ambulanten Bereich. Der Gesetzgeber hat die sogenannte „spezielle ambulante palliativmedizinische Versorgung“ ins Gesetz geschrieben. Ziel dieses Gesetzes ist es, eine optimale palliative Versorgung nicht nur im Krankenhaus, sondern auch im häuslichen Umfeld zu gewährleisten.
Fachpflegekräfte und Fachärzte unterstützen den normalen Pflegedienst und die Hausärzte in der Betreuung Schwerkranker. Leider ist dieses wünschenswerte Versorgungsmodell noch bei weitem nicht bundesweit umgesetzt. Dies hat vor allem finanzielle Gründe.
Dort, wo eine gute palliative Versorgung bereits etabliert ist, arbeiten Klinikärzte und ambulant tätige Ärzte und Pflegedienste kompetent Hand in Hand und sehen sich nicht als gegenseitige Konkurrenz. Ergänzend kommt noch die Möglichkeit einer Versorgung im Hospiz hinzu. Diese Einrichtungen ermöglichen durch ihre ruhige Atmosphäre einen Abschieds-Sterbeprozess im geschützten Umfeld. Hospize sind dann sinnvoll, wenn der Pflegeaufwand oder der medizinische Betreuungsaufwand doch zu groß wird, um zu Hause bleiben zu können.
Fazit zur Palliativmedizin bei Krebs
Die Palliativmedizin kann sowohl im stationären wie im ambulanten Bereich durch die fachkompetente Kombination verschiedenster Methoden ein lebenswertes Leben auch bei fortgeschrittenen Tumorformen ermöglichen. Sie ist deutlich mehr als reine Sterbebegleitung. Die eigentliche Tumortherapie verfolgt das Ziel, dem Leben mehr Tage zu geben. Die Palliativmedizin hat vor allem das Ziel, den Tagen mehr Leben zu geben.
Autor:
Dr. med. Peter Trunzer