Jeder dritte Mensch über 55 hat Polypen im Darm. Zwar treten Darmpolypen vermehrt im Alter auf – doch sind auch jüngere Menschen betroffen. Immerhin tragen hierzulande zehn Prozent der Bevölkerung die scheinbar harmlosen Schleimhautwucherungen mit sich herum. Doch Polypen sind keineswegs so ungefährlich wie angenommen. Rund 90 Prozent aller Darmkrebsfälle entstehen aus Polypen. Eine vorsorgliche Darmspiegelung kann das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, minimieren.
Studie bestätigt Nutzen der Vorsorgekoloskopie
Schon sehr lange Untersuchungsintervalle von zehn Jahren reichen aus, um das Darmkrebsrisiko signifikant zu senken. Das machen von einer amerikanischen Krankenversicherung erhobene Daten einmal mehr deutlich. Die seit 1998 gesammelten Daten waren Grundlage für eine Studie, die jetzt in JAMA Internal Medicine veröffentlicht wurde.
Die Studie vergleicht zwei Patientengruppen – eine, deren Vorsorgekoloskopie einen unauffälligen Befund ergab und eine, die sich gar keiner Darmspiegelung unterzogen hatte. Die Zahlen zeigen, dass in den darauffolgenden zehn Jahren bei der ersten Gruppe Darmkrebs deutlich seltener diagnostiziert wird als bei den Personen, die keine Darmspiegelung vornehmen ließen. So reduzierte sich das Darmkrebsrisiko im ersten Jahr nach der Darmspiegelung um 95 % – im zehnten Jahr lag es immerhin noch 46 % unter dem der Nichtteilnehmer.
Doch nicht nur das – offenbar hat eine Vorsorgekoloskopie auch Einfluss auf die Sterblichkeitsrate der an Darmkrebs Erkrankten. Sie sank bei der Teilnehmergruppe um erstaunliche 88 %. Grund genug, über eine vorsorgliche Darmspiegelung nachzudenken!
Was geschieht bei einer Vorsorgekoloskopie?
Den meisten Menschen ist der Gedanke an eine Darmspiegelung peinlich. Aus diesem Grund verzichten viele auf die wichtige Vorsorgeuntersuchung, die über Leben und Tod entscheiden kann. Dabei gestaltet sich eine Koloskopie weit weniger unangenehm als meist angenommen.
Meist erhält der Patient vor Beginn der Untersuchung ein leichtes Beruhigungsmittel. Dann führt der Arzt in Seitenlage einen fingerdicken Schlauch in den Darm ein, der an seinem Ende eine Kamera trägt. Damit untersucht der Proktologe den gesamten Dickdarm nach Auffälligkeiten wie Polypen. Solche Vorwölbungen der Darmschleimhaut ins Darminnere entwickeln sich im Laufe der Zeit häufig zu Darmkrebs und gelten daher als Krebsvorstufe.
Sind Polypen im Darm vorhanden, werden sie im Rahmen der Koloskopie schmerzfrei entfernt. Genau das macht eine präventive Koloskopie zu einer echten Vorsorgeuntersuchung. Andere Methoden wie die Mammografie dienen dagegen lediglich der Früherkennung.
Vorsorgeuntersuchung wird schlecht angenommen
Darmkrebs sind nach Lungenkrebs und Brustkrebs hierzulande die häufigsten krebsbedingten Todesursachen. Jährlich sterben in Deutschland über 60.000 Menschen an einem Kolonkarzinom. Um dem entgegenzuwirken, wird die Vorsorgekoloskopie seit 2002 ab dem 55. Lebensjahr von der Kasse übernommen. Zwar geht die Zahl der Neuerkrankungen seitdem stetig zurück – doch die Situation könnte besser sein. Denn ein Großteil derer, die darauf Anspruch haben, nimmt die Vorsorgeuntersuchung erst gar nicht wahr. Nur jeder Fünfte konnte sich 2017 letztlich zur Darmkrebsvorsorge mittels Koloskopie durchringen. Offensichtlich ist die Hemmschwelle vor der Untersuchung so hoch, dass gesundheitliche Aspekte in den Hintergrund treten. Dabei kann eine Vorsorgekoloskopie definitiv Leben retten.
Bedeutung der Darmkrebsvorsorge nicht hoch genug einzuschätzen
Ab dem 1. Juli 2019 sind die Krankenkassen gesetzlich verpflichtet, die Versicherten schriftlich auf diesen Anspruch hinzuweisen. Es ist zu bezweifeln, ob dies etwas an der Vorsorge-Akzeptanz der Menschen zu ändern vermag. Woran es fehlt, scheint eher Aufklärung über die Wichtigkeit der Darmkrebsvorsorge zu sein. Die gilt es, mehr in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung zu rücken. Denn offenbar ist vielen nicht klar, welche Folgen fehlende Prävention haben kann.
Die oben genannten Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Menschen, die sich gegen eine Vorsorgekoloskopie entscheiden, leben nicht nur mit einem weit höheren Krebsrisiko – sie versterben auch wesentlich häufiger an Darmkrebs. Zwar gibt eine Darmspiegelung keine Garantie, von einer Krebserkrankung verschont zu bleiben. Doch sollte die Aussicht, vor einer gefährliche Krebsart sicherer zu sein, ein Gewinn an Lebensqualität sein. Und von der kann man nie genug haben!