Der wichtigste Bestandteil in der Darmkrebs-Behandlung ist die operative Entfernung des Tumors. Die Darmkrebsoperation bedeutet in der Regel die einzige Chance auf völlige Heilung. Mit der offenen und laparoskopischen Darmkrebsoperation stehen zwei unterschiedliche Methoden zur Verfügung.
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Verfahren bei der Darmkrebsoperation
Grundsätzlich stehen zwei unterschiedliche Operationsmethoden zur Verfügung:
- klassisch über einen Bauchschnitt („offene Operation“)
- minimal-invasive Schlüssellochtechnik („laparoskopische Operation“), bei der durch kleinste Bauchschnitte mit einer Kameraoptik und speziellen Arbeitsinstrumenten im Bauchraum operiert wird
Die offene Darmkrebsoperation ermöglicht dem Chirurgen, sich eine gute Übersicht im Bauchraum zu verschaffen. Er kann so während der Operation auch Gewebeveränderungen tasten. Dies erleichtert die komplette Tumorentfernung sowie die Schonung wichtiger benachbarter Körperstrukturen.
Die laparoskopische Darmkrebsoperation benötigt hingegen deutlich kleinere Bauchschnitte und gilt daher als besonders schonend für den Patienten. Die Erholung nach der laparoskopischen Darmkrebsoperation ist meist etwas schneller im Vergleich zu einer offenen Operation und die Patienten haben oft weniger Schmerzen. Sie ist jedoch nicht für jeden Patienten geeignet, dauert meist länger und ist deutlich kostenintensiver.
Große Studien konnte zeigen, dass die Ergebnisse mit beiden Methoden in etwa gleich sind. Welche Methode aber für welchen Patienten besser geeignet ist, muss mit dem Arzt individuell besprochen und entschieden werden.
Die kurative (heilende) Darmkrebsoperation beinhaltet die Entfernung des gesamten tumortragenden Darmabschnittes inklusive seinem Lymphabflussgebiet in einem Paket („en-bloc Resektion“). Handelt es sich um gutartige Veränderungen, wie Polypen oder Adenome, stehen zusätzliche minimal-invasive Verfahren zur Verfügung.
Operationen bei Dickdarmkrebs
Je nachdem, in welchem Darmabschnitt sich der Tumor befindet, kommen die folgenden Standardoperationen in Frage (jeweils offen oder laparoskopisch).
Hemikolektomie rechts
Befindet sich der Tumor im rechten Dickdarm (Caecum, Kolon ascendens, rechte Kolonflexur oder rechtes Kolon transversum), wird eine „Hemikolektomie rechts“ durchgeführt. Diese entfernt den gesamten rechten Dickdarm.
Das Ende des Dünndarms wird anschließend mit dem querlaufenden oder dem absteigenden Dickdarm vernäht. Da nach einer solchen Operation noch genügend restlicher Dickdarm erhalten bleibt, stellt sich nach einer kurzen Gewöhnungszeit bei den meisten Patienten schnell wieder der normale Stuhlgang ein.
Hemikolektomie links
Entsprechend erfolgt bei einem Tumor im linken Dickdarm (linkes Kolon transversum, linke Kolonflexur, Kolon descendens) die sogenannte Hemikolektomie links.
Die Mitte des querlaufenden Dickdarms wird hier mit dem Enddarm vernäht.
Sigmaresektion
Liegt der Tumor im „Sigma“ (Kolon sigmoideum), erfolgt die Sigmaresektion.
Zur Wiederherstellung der Darmkontinuität wird der absteigende Dickdarm mit dem Enddarm vernäht.
Sigmaresektion
Operationen bei Enddarmkrebs
Beim Enddarmkrebs entscheidet sich das operative Vorgehen je nach der genauen Tumorlokalisation und Tumoreindringtiefe.
Von diesen Faktoren hängt ab, ob eine schließmuskel- und damit kontinenzerhaltende Operation möglich ist oder nicht. Ist der Abstand vom Tumor zum Schließmuskel oder anderen wichtigen Strukturen nicht ausreichend groß, so muss die komplette Enddarmentfernung inklusive Schließmuskel erfolgen. Danach ist ein lebenslanger künstlicher Darmausgang erforderlich. Mit einem künstlichen Darmausgang ist auch eine ausgezeichnete Lebensqualität möglich!
Trotzdem ist das Ziel der Therapie, den Schließmuskel wann immer möglich zu erhalten. Folgende operative Verfahren stehen zur Verfügung:
Anteriore Rektumresektion
Im Rahmen der (tiefen) anterioren Rektumresektion entfernen die Chirurgen das Sigma und das obere (+- mittlere und untere) Rektum mit dem Tumor. Dieser Eingriff ist möglich, wenn der Tumor im oberen, mittleren oder unteren Abschnitt des Rektums ausreichend Abstand zum Schließmuskel aufweist, so dass dieser erhalten bleiben kann.
Anschließend vernähen die Experten den absteigenden Dickdarm mit dem verbliebenen Enddarm. Das Fettgewebe, das ringförmig um den Enddarm liegt und dessen Lymphgefäße beinhaltet, muss ausreichend mit entfernt werden. Diese überaus wichtige Technik wird als „partielle“ oder „totale mesorektale Exzision“ bezeichnet.
Dabei wird sehr darauf geachtet, dass die dahinter verlaufenden Nervenfasern für die Blasenentleerung und Sexualfunktionen nicht verletzt werden.
Um wieder einen normalen Stuhlgang zu ermöglichen, ist es bei tiefen Anastomosen (Neuverbindungen) notwendig, die Reservoirfunktion des entfernten Enddarms wiederherzustellen (sogenannte Pouch-Bildung).
Pouch-Bildung
Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten, die individuell mit dem Chirurgen besprochen werden sollten. Unter Umständen (z.B. nach einer Bestrahlung) benötigt der Patient nach der Operation für etwa 2-3 Monate einen vorrübergehenden künstlichen Darmausgang. Damit werden die Operationsnähte am Enddarm geschont, bis diese sicher verheilt sind. Der künstliche Darmausgang leitet den Kot nicht an den frischen Operationsnarben vorbei, sondern stattdessen über die Bauchdecke nach außen.
Abdominoperineale Rektumexstirpation (Operation nach Miles)
Befindet sich der Tumor im unteren Abschnitt des Rektums und sehr nah am Schließmuskel, so muss die abdominoperineale Rektumexstirpation erfolgen. Diese entfernt das Sigma, den Enddarm sowie den Schließmuskelapparat mit dem After. Die Operation verläuft primär gleich der vorher beschriebenen anterioren Rektumresektion. Allerdings wird der natürliche Darmausgang ebenfalls entfernt.
Der Beckenboden wird verschlossen und der absteigende Dickdarm als künstlicher Darmausgang im linken Unterbauch ausgeleitet. Da die komplette Tumorentfernung für die Prognose oberste Priorität besitzt, dürfen die Ärzte bei diesen Tumortypen keine Kompromisse eingehen.
Viele große Studien bestätigen, dass durch die moderne Technik und spezielle Schulung von Patienten und Therapeuten auch mit einem künstlichen Darmausgang eine sehr gute Lebensqualität möglich ist. Dies beinhaltet die Ausführbarkeit vieler sportlicher Aktivitäten inklusive Schwimmen, aber auch intime Beziehungen.
Minimal-invasive Darmkrebsoperationen
Keil- (Wedge-) oder Segmentresektion
Diese Operation kommt bei der Entfernung gutartiger Polypen zur Anwendung, die bei der Koloskopie nicht, oder nicht vollständig abgetragen werden konnten. Da es in diesen Fällen ausreicht, einen kleinen Abschnitt (Segment, Keil oder Wegde) des Darms zu entfernen, kann diese Operation so gut wie immer laparoskopisch durchgeführt werden.
Transanale endoskopische Mukosektomie (TEM)
Bei gutartigen oder früh-erkannten bösartigen Veränderungen im Rektum kann die „transanale endoskopische Mukosektomie“ oder „Vollwandresektion“ als kleinere und schonende Variante angewandt werden. Bei dieser Technik ist es möglich, die gesamte Operation durch den After im Analkanal durchzuführen. Somit ist kein Bauchschnitt erforderlich.
Der Vorteil der Operation ist die rasche Erholung des Patienten von der Operation. Jedoch können keine Informationen über befallene Lymphknoten gewonnen werden. Aus diesem Grund sollte diese Technik nur bei sehr frühen bösartigen Veränderungen des Enddarms erfolgen, bei denen die Wahrscheinlichkeit von Lymphknotenmetastasen sehr gering ist.
Nachbehandlung
Die postoperative Nachbehandlung erfolgt möglichst nach dem Fast-Track-Prinzip („Schnelle Schiene“) und dem Prinzip „wenig Stress bringt schnelle Erholung“.
Das Personal entfernt direkt nach der Operation den Beatmungsschlauch und die Magensonde. Der Patient kommt entweder für kurze Zeit zur Überwachung auf die Intensivstation oder direkt zurück auf die Normalstation. Auch der Blasenkatheter und eventuelle Wunddrainagen (Schläuche zur Ableitung von Wundsekret) müssen nicht lange beim Patienten verbleiben.
Ab dem ersten postoperativen Tag darf der Patient zumindest Tee, Suppe und Zwieback zu sich nehmen. Zusätzlich erhält er Flüssigkeit per Infusion und die Ärzte leiten eine speziell adaptierte Schmerztherapie ein. Außerdem kann der Patient aktiv an seinem Heilungsprozess teilnehmen, in dem er sich möglichst wenig im Bett aufhält. Dies hilft zusammen mit dem Tragen von Kompressionsstrümpfen und Heparinspritzen bei der Vermeidung von Thrombosen und Embolien. Jeder Patient kann außerdem über den Sozialdienst einen Kurantrag stellen.
Komplikationen nach einer Darmkrebsoperation
Jeder operative Eingriff birgt Risiken und Gefahren. Vor allem vorbestehende Begleiterkrankungen (z.B. des Herzens oder Lunge) können das Risiko für Komplikationen erhöhen. Bevor sich ein Patient einer Operation unterzieht, sollte deshalb sein individuelles Risikoprofil bestimmt werden. Dies ist eine Voraussetzung dafür, dass die Operation erfolgreich verlaufen kann. Ziel ist, das Komplikationsrisiko schon im Vorfeld durch spezielle Maßnahmen zu vermindern.
Damit der Patient auch aktiv an der Operationsvorbereitung teilnehmen kann, ist im Vorfeld der OP eine umfangreiche Aufklärung durch seinen Arzt von großer Wichtigkeit. Dank der modernen Methoden sind auch ausgedehnte Operationen heutzutage für den Patienten immer weniger belastend. Auch das Komplikationsrisiko ist wesentlich geringer als noch vor einigen Jahren. Dennoch sind Komplikationen, die die Gesundheit des Patienten gefährden und den Krankenhausaufenthalt verlängern können, weiterhin möglich.
Ernst zu nehmende Komplikationen nach einer Darmkrebsoperation sind:
Blutungen
Das Risiko einer relevanten Nachblutung ist mit 1 % niedrig. Das Hauptrisiko einer Nachblutung aus kleinsten Blutgefäßen oder Wundflächen besteht innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Operation. Blutungen aus größeren Blutgefäßen sind extrem selten, aber gefährlich.
Anastomoseninsuffizienz
Als Anastomoseninsuffizienz bezeichnet man eine Undichtigkeit der Naht zwischen zwei Darmenden. Dies ist eine relevante Komplikation, die typischerweise um den 7. postoperativen Tag auftritt.
Der Grund ist in der Regel eine Minderdurchblutung im Bereich der neuen Darmverbindung (Anastomose). Erhöhtes Risiko für das Auftreten einer Anastomoseninsuffizienz besteht bei Operationen in der Nähe des Schließmuskels sowie nach einer erfolgten Bestrahlungstherapie. Die Gesamtrate sollte in guten Kliniken bei unter 5% liegen.
Wundinfektion
In bis zu 5 % der Fälle treten postoperative Wundinfektionen auf. Diese sind meist harmlos, können aber den Krankenhausaufenthalt verlängern. Sie entstehen durch Darmkeime, die bei der Operation, trotz aller Hygienemaßnahmen und der Gabe von Antibiotika, die Bauchdecke verunreinigen können.
Darmlähmung
Wenn der Darm nach einer Operation zunächst nicht arbeitet, spricht man von einer postoperativen Darmlähmung. Dieser Zustand sollte möglichst kurzgehalten werden. Daher ist es wichtig, am ersten Tag nach der Operation bereits zu trinken und sich zu bewegen. Reicht dies nicht aus, können vorübergehend darmstimulierende Medikamente verabreicht werden.
Das Ziel ist, in den ersten 2-3 Tagen nach der Operation den Darm soweit mobilisiert zu haben, dass Winde oder Stuhlgang abgehen.
Schmerzen
Die Schmerzen nach einer Operation können von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sein. Generell ist das Ziel der Schmerzmedikation natürlich immer, den Patienten möglichst völlig schmerzfrei zu bekommen, so dass eine schnelle Mobilisierung (Kranken- und Atemgymnastik) und somit die Vorbeugung von Thrombosen oder einer Lungenentzündung möglich sind.
Mögliche bleibende Folgen nach der Darmkrebsoperation
Folgen nach einer Dickdarmoperation können zum Beispiel Verdauungsprobleme sein. Je nach Ausmaß des entfernten Darmabschnittes sollte es nach einer Gewöhnungszeit jedoch zu keiner größeren Beeinträchtigung der Stuhlqualität kommen. Anfangs kann es zu breiigem Stuhlgang oder Durchfällen kommen, da für die Eindickung des Stuhls nun eine kürzere Strecke zur Verfügung steht, der Darm gewöhnt sich jedoch schnell daran. Anhaltende Durchfälle können mittels Motilität hemmender oder eindickender Medikamente in der Regel behandelt werden.
Nach einer Enddarmoperation kann es in der Anfangsphase zu vermehrtem Stuhldrang sowie zu einer Inkontinenz (Unfähigkeit, Winde oder Stuhlgang zu kontrollieren) unterschiedlicher Schwere kommen. Auch dies kann der Patient trainieren und verbessern.
Weiterhin sind Störungen der Blase und der Sexualfunktion möglich, wenn es während der Operation bei Nerven, die in unmittelbarer Nachbarschaft zum Operationsgebiet verlaufen, zu Reizungen oder Verletzungen kam. Dank neuester und weiterentwickelter Operationstechniken sind diese Beschwerden jedoch meist nur vorrübergehend, anhaltende Probleme treten seltener auf als früher.
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