Immunthrombozytopenie


Die Immunthrombozytopenie, auch Morbus Werlhof genannt, ist eine Autoimmunkrankheit, bei der ein Mangel an Thrombozyten im Blut auftritt. Hauptsymptome der Immunthrombozytopenie sind kleinere, flohstichartige Blutungen, Nasenbluten und mitunter auch größere, schwere Blutungen in den Organen.

Definition: Immunthrombozytopenie (Morbus Werlhof)

Die Immunthrombozytopenie – auch bekannt unter den Begriffen ITP (idiopathische thrombopenische Purpura) und Morbus Werlhof – stellt in ihrer primären Form eine durch IgG-Autoantikörper vermittelte Verminderung der Thrombozytenzahl (Zahl der Blutplättchen) dar. Dabei sind sowohl ein vermehrter Abbau der Thrombozyten in der Milz als auch eine verzögerte Megakaryopoiese (Entwicklung von blutbildenden Zellen) im Knochenmark von Bedeutung. Manchmal besteht ein Zusammenhang mit einer Immunaktivierung, z.B. durch Virusinfekte wie HIV, Hepatitis-C-Virus, Zytomegalievirus (CMV) und Varizella-Zoster-Virus (VZV).

Arztsuche

Die sekundäre Immunthrombozytopenie tritt unter anderem im Rahmen von Bindegewebserkrankungen wie z.B. SLE (Systemischer Lupus erythematodes) auf. Weitere Auslöser für eine sekundäre Form von Morbus Werlhof können beispielsweise

  • eine Kryoglobinopathie,
  • ein multiples Myelom (Krebserkrankung des Knochenmarks),
  • eine Chronische lymphatische Leukämie (CLL) sowie
  • Medikamente wie Heparin

sein. Das Evans-Syndrom ist gekennzeichnet durch eine gleichzeitige (zum Teil lebensbedrohliche) Immunhämolyse (Auflösung von roten Blutkörperchen).

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Symptome der Immunthrombozytopenie

Als Symptome der Immunthrombozytopenie treten Blutungen auf. Dabei handelt es sich teilweise nur um diskrete flohstichartige Blutungen (sogenannte Purpura und Petechien) oder um Nasenbluten. Bei einer Thrombozytenzahl von weniger als 10.000 treten auch profuse und schwere Blutungen in den Organen auf, die besonders als Hirnblutung gefürchtet sind.

Purpura.jpg
Flohstichartige Blutungen bei einer Immunthrombozytopenie; by User:Hektor – the English Wikipedia: http://en.wikipedia.org/wiki/Image:Purpura.jpg, CC BY-SA 3.0, Link

Diagnose von Morbus Werlhof

Die Diagnose Morbus Werlhof lässt sich anhand der folgenden Untersuchungsergebnisse stellen:

  • gesteigerte Megakaryopoiese (Entwicklung von blutbildenden Zellen) im Knochenmark mit jungen kleinen Zellen
  • fehlende Splenomegalie (akute oder chronische Vergrößerung der Milz)
  • reproduzierbare Thrombopenie (Mangel an Thrombozyten im Blut) mit weniger als 100.000 Thrombozyten

Bei der Differenzialdiagnose ist an die sogenannte Pseudothrombopenie zu denken, die ohne jegliche klinische Bedeutung ist und in vitro (d.h. im Reagenzglas) durch eine EDTA-bedingte Agglutination (Verklumpung von Zellen) verursacht wird. Sie kann durch eine Heparinblutabnahme ausgeschlossen werden. Im Blutausstrich finden sich dann charakteristische Klumpen von Thrombozyten.

Die Antikörper-Bestimmung wird wegen fehlender therapeutischer Konsequenz nicht empfohlen. Charakteristisch ist das konsequente Ansprechen der Immunthrombozytopenie auf Cortison. Eine Knochenmark-Punktion wird erst im höheren Alter sowie bei fehlender Besserung unter Cortison obligatorisch.

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Therapie der Immunthrombozytopenie

Asymptomatische Patienten mit einer Thrombozytenzahl von mehr als 50.000 sollten wegen des minimalen Blutungsrisikos nicht routinemäßig behandelt, sondern zunächst nur kontrolliert werden. Ebenso sollte als Therapieziel bei der Immunthrombozytopenie keine Normalisierung, sondern eine konstante Thrombozytenzahl von mehr als 50.000 angestrebt werden. Insbesondere bei akuter Dynamik und im Jugendalter sind Hochdosis-Immunglobuline (initial 0.5g/kg bis zu 2g/kg innerhalb von 1-4 Tagen) zur Stoßtherapie geeignet (ca. 2 bis 3 Monate Wirkung).

Die Behandlung der Immunthrombozytopenie mit Cortison erfolgt mit 1mg/kg Prednisolon mit langsamer Stufenreduktion über 6 bis 8 Wochen oder als Stoßtherapie mit 40mg HD-Dexamethason über 4 bis 6 Tage. Gegebenenfalls sollte eine Wiederholung im Abstand von 4 Wochen stattfinden. Eine Langzeit-Therapie der Immunthrombozytopenie mit Cortison sollte wegen der Osteoporose-Gefahr vermieden bzw. nach 3 Monaten mit Bisphosphonat (z.B. Alendronat) kombiniert werden.

Therapie nach Krankheitsrückfall der Immunthrombozytopenie

In der Rezidivsituation (d.h. bei einem Krankheitsrückfall) besteht die klare Indikation zur Splenektomie (operative Entfernung der Milz) nach vorheriger Impfung gegen Pneumokokken, Hämophilus und Neisseria mit einer Morbidität (Krankheitshäufigkeit) von circa 10 Prozent und einer guten Langzeit-Wirkung.

Einen neuen Therapieansatz mit eingeschränkter Zulassung (nach Splenektomie und Versagen der Primärtherapie) stellt die Behandlung mit Thrombopoietin (TPO) dar. Dabei handelt es sich um ein Hormon, das insbesondere die reduzierte Neuproduktion der blutplättchenbildenden Zellen anregt und den peripheren Verlust durch Mehrproduktion kompensiert. Elthrombopag (Revolade), ein synthetisches TPO-Analog mit Rezeptor-Wirkung, wird kontinuierlich oral in einer Dosis von 50 bis 75mg täglich eingenommen. Romiplostim (Nplate), ein Protein mit direkter TPO-Wirkung, wird wöchentlich subkutan in einer Dosis von 250 bis 500 mg injiziert. Zum Teil sind allerdings deutliche Intervallverlängerungen möglich. Eine nicht zugelassene Alternative stellt Rituximab (Mabthera), ein CD20-MAK, dar.

Autor:
Dr. med. Wolfgang Abenhardt