Pleuramesotheliom (Brustfellkrebs)


Brustfellkrebs – auch unter dem Fachbegriff malignes Pleuramesotheliom (MPM) bekannt – ist eine in der Regel nicht heilbare Erkrankung, die meist nach vorangegangenen Kontakten mit Asbest auftritt. Pro Jahr erkranken in Deutschland rund 1000 Menschen neu an einem Pleuramesotheliom. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei über 60 Jahren und Männer sind viermal häufiger betroffen als Frauen. Die häufigsten Symptome von Brustfellkrebs sind Atemnot, Brustschmerzen, Husten und unspezifische Beschwerden wie Nachtschweiß, Abgeschlagenheit und ungewollte Gewichtsabnahme.

Definition von Brustfellkrebs (malignes Pleuramesotheliom)

Brustfellkrebs (Fachbegriff: malignes Pleuramesotheliom) ist eine Erkrankung, die vom sogenannten Mesothel ausgeht. Dabei handelt es sich um einen dünnen einschichtigen Zellüberzug, also eine Art Haut, die sowohl die Lunge überspannt (Lungenfell), als auch die Innenseite der Brusthöhle auskleidet (Rippenfell). Aufgabe dieser ca. 0,2 mm dicken, im Regelfall von einem dünnen Flüssigkeitsfilm überzogenen Haut ist, während der Ein- und Ausatmung ein reibungsloses Gleiten der Lungen in der Brusthöhle sicherzustellen. Die Lunge ist dabei in einem relativen Unterdruck im Pleuraraum (Brusthöhle) aufgehängt und folgt bei der Ein- und Ausatmung passiv den Atembewegungen des Brustkorbes.

Jeder krankhafte Prozess am Rippenfell, ob Entzündung (Pleuritis), Verletzungen oder aber ein Wachstum von fremdem Gewebe (z.B. Brustfellkrebs), kann zu einer überschüssigen Bildung von Flüssigkeit führen, die sich dann als Wasseransammlung (Pleuraerguß) äußert. Diese krankhafte Wasseransammlung kann je nach Ausmaß aufgrund der Verdrängung der Lunge im starren Brustkorb zu Atemnot und Brustschmerzen führen. Dies sind somit auch die häufigsten ersten Symptome bei einem Pleuramesotheliom.

Der Tumor breitet sich beim Pleuramesotheliom in der Regel zunächst flächenhaft nur über dem Rippenfell aus. Später kann er auf das Lungenfell übergreifen und wie ein Panzer zu einer zunehmenden Einschränkung der Ausdehnungsfähigkeit der betroffenen Lunge führen. Die Lunge selbst wird oft erst spät im Krankheitsverlauf des Pleuramesothelioms direkt durch den Tumor geschädigt. Das flächenhafte Wachstum dieses bösartigen Tumors macht hier sowohl die Diagnosestellung als auch die Behandlung schwierig.

Videothorakoskopischer Befund bei einem malignen Pleuramesotheliom des Lungen- und Rippenfells
Videothorakoskopischer Befund bei malignem Mesotheliom: endoskopischer Blick auf das Lungenfell (Pleura viszeralis) mit zahlreichen warzenförmigen Tumorknötchen (Pfeil), im Hintergrund erkennbar das ebenfalls tumorbefallene Rippenfell (Pleura parietalis); Aufnahme: Herr Dr. med. A. Fertl, Asklepios Lungenfachklinik, Gauting

Häufigkeit des malignen Pleuramesothelioms

Von einem Pleuramesotheliom können neben dem Rippen- auch das Bauchfell (Peritoneum) betroffen sein, sowie die feinen (serösen) Häute, die Herz (Perikard) und Hoden umspannen.

Die Häufigkeit (Inzidenz) in Westeuropa liegt bei 12 bis 30 pro 1 Million Einwohner pro Jahr, in Deutschland treten so pro Jahr über 1000 Neuerkrankungen auf. Die Mehrzahl der Pleuramesotheliome (82-90 Prozent) gilt dabei auch als asbestassoziiert. Zum Vergleich werden bei uns pro Jahr etwa 46.000 Fälle Lungen- und 70.000 Dickdarmkrebsfälle neu diagnostiziert. Jedes Pleuramesotheliom sollte als Verdachtsfall einer Berufskrankheit (BK) angezeigt werden, 900 Fälle finden zurzeit bei uns pro Jahr auch Anerkennung als BK. Das Pleuramesotheliom ist damit als BK Nr. 4105 die häufigste anerkannte maligne Berufserkrankung.

Im Gegensatz zu Karzinomen, die aus Oberflächengeweben stammen, handelt es sich beim Brustfellkrebs (malignes Pleuramesotheliom, MPM) um eine sog. mesenchymale Neubildung, die aus entartetem Mesothel, also einem Binde- bzw. Stützgewebe, hervorgeht. Viel seltener kommen Mesotheliome auch am Bauchfell und im Herzbeutel (Perikard) vor.

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Aufgrund der sehr langen Zeitspanne (Latenz) zwischen krankheitsauslösendem Asbestkontakt (Exposition) und Krankheit nimmt Brustfellkrebs trotz Asbestverbots weiter zu, der Häufigkeitsgipfel wird voraussichtlich spätestens 2030 überschritten sein. Das mittlere Erkrankungsalter bei Brustfellkrebs liegt bei über 60 Jahren, Männer sind viermal häufiger betroffen als Frauen.

Ursachen für das Pleuramesotheliom

Die Mehrzahl der Brustfellkrebs-Erkrankungen, bestimmte Erkrankungen von Rippenfell und Lunge, aber auch Lungenkrebserkrankungen stehen mit einem früheren Asbestkontakt im Zusammenhang. So hatten 8 bis 9 von 10 Patienten mit einem Pleuramesotheliom zumeist beruflich im Laufe ihres Lebens mit Asbest zu tun. Da ein klarer ursächlicher Zusammenhang zwischen Asbestkontakt und dem Auftreten dieser sonst eher seltenen Krankheit besteht, gilt er als sogenannter Signaltumor für eine sogenannte Asbestexposition.

Brustfellkrebs kann bereits nach wenigen Wochen einer Exposition ausgelöst werden, die Latenzzeit bis zum Auftreten der Erkrankung beträgt aber 20 bis 50 Jahre. Jeder Patient mit vermutetem oder gesichertem Brustfellkrebs muss deshalb genauestens nach einem Asbestkontakt befragt werden, da u.U. Ersatzansprüche gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung geltend gemacht werden können.

Was ist Asbest und wieso verursacht es ein malignes Pleuramesotheliom?

Unter Asbest wird eine Gruppe faserförmiger, ganz natürlich in der Erdkruste vorkommender anorganischer kristalliner Mineralien, sog. Silikate, zusammengefasst. Sie wurden wegen ihrer hervorragenden Dämmeigenschaften und Hitzebeständigkeit bis Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts großzügig in der Industrie eingesetzt. In bestimmten Regionen der Erde, so z.B. in der Türkei/Zentralanatolien, gibt es auch natürliche Umweltbelastungen durch Asbest, die zu gehäuftem Auftreten von Brustfellkrebs (Pleuramesotheliom) führen können.

Eingeatmete Asbestfasern können nach Ablagerung (Deposition) in den Atemwegen (Respirationstrakt) nur sehr schwer wieder entsorgt werden. Sie lösen in der Lunge Vernarbungsprozesse (Fibrosierungen) aus und haben darüber hinaus auch krebserregende Eigenschaften.

Brustfellkrebs stellt neben dem Lungen- und Kehlkopfkrebs die häufigste Asbest-bedingte und als Berufskrankheit anerkannte Krebserkrankung dar.

Im Folgenden soll ein Überblick über die Asbest-induzierten bösartigen Erkrankungen der Lunge und des Rippenfells (Pleura) und deren Diagnostik und Therapie gegeben werden, wobei der Schwerpunkt auf dem Brustfellkrebs (malignes Pleuramesotheliom) liegt.

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Berufliche Asbestexposition und bösartige Neubildungen wie Brustfellkrebs

Asbest wurde bereits seit dem Anfang des vergangenen Jahrhunderts sehr vielseitig industriell genutzt. Dabei freigesetzte faserförmige Stäube lagern sich wegen ihrer Länge von 5 bis 8 µm und ihrer Stärke von etwa 3 µm nach Einatmung im gesamten Atmungstrakt ab und gelangen bis in die feinsten Atembläschen (Alveolen). Nicht über den natürlichen Reinigungsmechanismus entsorgte Fasern können wegen ihrer kritischen Größe später weder abgebaut noch ausgeschieden werden.

Dabei gibt es Unterschiede in der Gefährlichkeit (Pathogenität) zwischen Asbestsorten in Abhängigkeit von Fasergröße und –aufbau. So gilt der am häufigsten verwendete Weißasbest (Chrysotil) als weniger schädlich als andere Asbestarten wie z.B. Blauasbest (Krokydolith). Abgelagerte Asbestfasern können aufgrund ihrer nadelförmigen Struktur durch das Lungengewebe bis hin zum Lungenfell (Pleura) wandern, was zu einer Ansammlung von Fasern im lungenfellnahen Lungengewebe im äußeren Lungenmantel und auch zum Übertritt von Fasern in den Pleuraspalt führt (sog. Pleuradrift).

Schon früh hatte man erkannt, dass Asbeststäube Erkrankungen an Lunge und Rippenfell verursachen können. Bereits 1942 wurde Lungenkrebs bei Asbestarbeitern als Berufskrankheit anerkannt, 1960 folgte eine erste Fallserie über Rippenfellkrebs bei asbeststaubexponierten Arbeitern und auch deren Angehörigen, die indirekt über verschmutzte Kleidung dem Asbest ausgesetzt waren. Dennoch dauerte es bis 1981, bis die Politik in Deutschland aktiv wurde und bis 1993, bis Asbest gegen den Widerstand der Industrie tatsächlich bei uns verboten wurde. Seither sind hierzulande zehntausende Menschen an asbestbedingten Malignomen wie etwa Brustfellkrebs erkrankt und viele verstorben.

Es gibt in Deutschland zwei Gruppen von bösartigen Asbestfolgeerkrankungen, die auch als Berufskrankheiten (BK) anzeigepflichtig, anerkannt und entschädigungsfähig sind: die BK Nr. 4104 umfasst den Lungen- und Kehlkopfkrebs, die BK Nr. 4105 den Brustfellkrebs (Pleuramesotheliom) in Verbindung mit Asbest.

Asbest-induzierte Lungenkarzinome

Durch Asbest verursachte Lungenkarzinome lassen sich grundsätzlich nicht von Lungenkrebserkrankungen anderen Ursprungs unterscheiden, es greifen hier deshalb dieselben Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie. Entscheidend ist, ggf. bei betroffenen Lungenkrebspatienten nach einer etwaigen beruflichen Exposition zu fragen, bzw. auf andere radiologische Zeichen der Asbestexposition, wie narbige (fibrotische) Lungenveränderungen oder Veränderungen des Rippenfells zu achten.

Im Zweifelsfall sollte eine gutachterliche Klärung über die zuständige Berufsgenossenschaft (BG) angestrebt werden, denn Patienten mit als BK anerkanntem Lungenkrebs haben Anspruch auf Entschädigungsleistungen durch die BG. Bereits bei Nachweis einer nur mikroskopisch sichtbaren Minimalasbestose besteht ein deutlich erhöhtes Lungenkrebsrisiko bzw. kann hierdurch ein Zusammenhang zwischen einem Lungenkarzinom und einer Asbestexposition hergestellt werden.

Anzumerken ist, dass Raucher unter gleichzeitiger Asbestexposition im Vergleich mit Rauchern ohne Asbestkontakt ein nochmals drastisch höheres Lungenkrebsrisiko aufweisen.

Symptome und Diagnose eines Pleuramesothelioms

Computertomographische Befunde bei Pleuramesotheliom
Computertomographische Befunde bei Pleuramesotheliom; 1a Mesotheliom rechts mit ausgedehntem Pleuraerguss und für nach Asbestexposition typischen basalen Pleuraverkalkungen beidseits (Pfeile); 1b Mesotheliom links mit der typischen, hier mediastinal betonten, zirkulären Pleuraverdickung und beginnender Schrumpfung der betroffenen Thoraxseite; Nebenbefund: Pleuradrainage rechts bei Erguss infolge Übergreifens nach links (Pfeil)

Die häufigsten Symptome beim Pleuramesotheliom sind

  • Atemnot infolge eines Pleuraergusses, der bei über 85 Prozent der Patienten auftritt
  • Brustschmerzen
  • Husten
  • unspezifische Beschwerden wie Nachtschweiß, Abgeschlagenheit und ungewollte Gewichtsabnahme

Zur Diagnose von Brustfellkrebs führen sogenannte bildgebende Untersuchungen wie Röntgen und die Computertomographie des Brustkorbes (Thorax). Entscheidend für die Diagnose Brustfellkrebs ist aber die Gewinnung einer aussagekräftigen Gewebeprobe (Biopsie) zur feingeweblichen, histologisch-mikroskopischen Sicherung.

Computertomograph in einer Klinik
© zlikovec / Fotolia

Bei sehr fortgeschrittenen Stadien gelingt dies durch direkte Punktion der Brusthöhle. Der Goldstandard der Diagnostik bei einem Pleuramesotheliom ist jedoch die (video-assistierte) Brusthöhlenspiegelung (Thorakoskopie). Nur mit Hilfe der Thorakoskopie gelingt auch eine sichere Beurteilung des lokalen Ausbreitungsstadiums (Stadieneinteilung) des Brustfellkrebses.

Nicht selten treten über Monate und Jahre hinweg wiederkehrende Pleuraergüsse auf, die erst nach wiederholter diagnostischer Anstrengung als Ausdruck eines Brustfellkrebses erklärbar werden.

Die feingewebliche (histologische) Einordnung eines Pleuramesothelioms

Histologischer Befund bei malignem Mesotheliom vom epitheloiden Typ
Histologischer Befund bei malignem Mesotheliom vom epitheloiden Typ: tubulo-papilläre Tumorzellkomplexe mit nur mäßiggradigen Kernatypien (HE-Färbung, 50x); Aufnahme: Frau Dr. med. A. Morresi-Hauf, Asklepios Lungenfachklinik, Gauting

Die eindeutige histologische Zuordnung von Brustfellkrebs ist oft schwierig und erfordert eine große Erfahrung des Pathologen. Im Zweifelsfall wird eine zusätzliche Beurteilung der Gewebeprobe durch das Mesotheliomregister eingeholt.

Neben der Lichtmikroskopie erlauben Spezialfärbungen am Tumorgewebe (immunhistochemische Marker wie Calretinin, Zytokeratin, Vimentin und TTF-1) eine Abgrenzung gegenüber anderen Krebserkrankungen, wie z.B. dem Adenokarzinom der Lunge.

Histologisch werden 3 Haupttypen des Brustfellkrebses unterschieden, deren Zuordnung auch für den zu erwartenden Krankheitsverlauf, also die Prognose, bedeutsam ist. Der sog. epitheloide Typ ist mit einer insgesamt besseren Prognose verbunden als der gemischte (biphasische) oder sarkomatoide Typ. Die Gewebstypen können auch nebeneinander auftreten, was umso häufiger festzustellen ist, je mehr Tumorgewebe für die Untersuchung zur Verfügung steht.

Stadieneinteilung beim malignen Pleuramesotheliom (Brustfellkrebs)

Da die histologische Einstufung oft schwierig und nicht eindeutig ist, erfolgt je nach Grad der Sicherheit bei der Diagnose eine Einordnung nach dem Wertungsschema des europäischen Mesotheliompanels.

Brustfellkrebs der Kategorie A und B ist dabei als (hinreichend) sicher zu betrachten. Die Stadieneinteilung erfolgt dann nach der internationalen TNM-(Tumor-LymphkNoten-Metastasen) Klassifikation. Diese orientiert sich am Befallsmuster des Rippen- bzw. Lungenfells, der Infiltration benachbarter Organstrukturen, dem Vorhandensein regionaler Lymphknotenabsiedelungen (Lymphknotenmetastasen) und dem Nachweis etwaiger Fernabsiedelungen (Metastasen/Tochtergeschwülste).

Die exakte Festlegung des Erkrankungsstadiums hat aber nur dann praktische Bedeutung, wenn auch eine größere Operation geplant ist. Von prognostischer Bedeutung ist neben dem Subtyp und dem Erkrankungsstadium vor allem das allgemeine Befinden, also der klinische Zustand des betroffenen Patienten.

Symptome wie Schmerzen, Gewichtsverlust sowie eine begleitende Vermehrung der weißen Blutkörperchen (Leukozytose) und Blutarmut (Anämie) sind ebenfalls prognostisch ungünstig. Ein fortgeschrittenes Lebensalter und damit verbundene Begleiterkrankungen schränken oft zusätzlich die therapeutischen Möglichkeiten beim Brustfellkrebs ein.

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Behandlung des malignen Pleuramesothelioms

Ein Pleuramesotheliom ist aufgrund seines diffusen flächenhaften Wachstums eine schwer behandelbare Erkrankung. Wegen der relativen Seltenheit gibt es auch weniger umfangreiche Daten aus klinischen Studien, wie dies bei anderen, häufigen Krebsformen der Fall ist. Die Therapie sollte deshalb auch möglichst an ausgewiesenen Zentren mit entsprechender Erfahrung erfolgen.

Eine wertvolle palliative Maßnahme (Behandlung der Symptome ohne Heilung) ist bei Vorhandensein eines zu Beschwerden führenden (symptomatischen) Pleuraergusses die sog. Pleurodese. Es handelt sich hier um eine „Verklebungsbehandlung“, die eine dauerhafte Verschweißung des Rippen- mit dem Lungenfell erreichen soll, um der weiteren Bildung von Pleuraergüssen entgegenzuwirken. Diese Maßnahme wird in erster Linie thorakoskopisch, also mittels Brusthöhlenspiegelung, durchgeführt, kann aber auch über eine Drainage mittels Kunststoffschlauch erfolgen, welche in der Pleurahöhle platziert wird.

Im Bedarfsfall sollten bei Schmerzen unbedingt großzügig Analgetika eingenommen, ggf. auch an stark wirksamen Schmerzmitteln wie Opioiden nicht gespart werden.

Hauptsäulen der Therapie von Brustfellkrebs

Wie bei anderen bösartigen Erkrankungen steht die Therapie von Brustfellkrebs auf drei Hauptsäulen: Chirurgie, Strahlentherapie und Chemotherapie, häufig auch in Kombination. Eine allgemein verbindliche Therapieempfehlung gibt es bei einem Pleuramesotheliom jedoch nicht.

Jede Therapieentscheidung sollte unter sorgfältiger Abwägung von zu erwartendem Nutzen und der Belastung getroffen werden. Je jünger und fitter ein Patient ist, desto mehr Lebenszeit wird durch ein aggressives Vorgehen möglicherweise zu gewinnen sein. Der betroffene Patient und seine Angehörigen sollten nach entsprechend umfassender Aufklärung durch den Arzt unbedingt in den Entscheidungsfindungsprozess eingebunden werden.

Operative Therapiemaßnahmen

Neben der Thorakoskopie gibt es beim Brustfellkrebs zwei operativ-chirurgische Verfahren, deren Stellenwert derzeit noch kontrovers diskutiert wird:

  • Offene Pleurektomie mit Dekortikation (PE/DC): Weniger aggressiv. Das Rippenfell wird ausgeschält und unter Schonung der Lunge die viszerale Pleura (Lungenfell) abgezogen, um so eine möglichst komplette Entfernung des Tumorgewebes zu erreichen
  • Extrapleurale Pleuropneumonektomie (EPP): Radikale en-bloc Resektion. Der gesamte Inhalt der betroffenen Brusthöhlenseite einschließlich Pleura, Lunge, Zwerchfell und Herzbeutel wird entfernt

Beide Verfahren dürften im Endergebnis wohl gleichwertig sein, wobei das Ergebnis einer Studie, die beide Verfahren vergleicht (MARS-Trial), noch nicht bekannt ist und dementsprechend mit Spannung erwartet wird.

Bei einer EPP handelt es um einen beeinträchtigenden Eingriff mit hohem Risiko, der nur sehr fitten Patienten mit entsprechenden Reserven des Herz-Kreislauf-Lungensystems vorbehalten ist. Eine komplette Resektion, also Entfernung des gesamten tumortragenden Gewebes ist trotzdem unwahrscheinlich. So ist auch die EPP als palliative Maßnahme anzusehen, die letztlich nicht zur Heilung führt. Sie kommt üblicherweise in Kombination mit der Strahlen- und Chemotherapie zum Einsatz.

Strahlentherapie

Im Hinblick auf eine Strahlenbehandlung gibt es bei Brustfellkrebs drei verschiedene Ansätze.

  • Bei umschriebenen schmerzhaften Thoraxwandprozessen oder seltenen Fernmetastasen (z.B. in Knochen oder Gehirn) wird zur Schmerzlinderung (palliativ-analgetisch) bestrahlt.
  • Als Teil eines multimodalen Verfahrens folgt im Anschluss an die große Operation (EPP) eine intensive zusätzliche (sog. adjuvante) Bestrahlung der betroffenen leeren Brusthöhle zur Verringerung des lokalen Rückfallrisikos.
  • Der Nutzen einer vorbeugenden Bestrahlung von Einstichstellen nach Punktion oder Drainage gilt zwar wissenschaftlich als wenig gesichert, aufgrund der damit verbundenen geringen Belastung führen wir diese jedoch bei unseren Patienten regelmäßig durch. Früher häufiger zu beobachtende und zum Teil schmerzhafte Tumorknoten im Bereich von Punktionsstellen (sog. Impfmetastasen) an der Brustwand treten so bei unseren Patienten nur noch selten auf.

Chemotherapie (Systemische Therapie)

Im Jahr 2003 wurde erstmals eine große klinische Studie an 456 Patienten mit inoperablem Brustfellkrebs vorgestellt. Diese Studie erbrachte einen klaren statistischen Überlebensvorteil für Patienten unter einer Kombinationschemotherapie mit den Medikamenten Pemetrexed (Alimta®) und Cisplatin gegenüber einer alleinigen Therapie mit Cisplatin (12,1 versus 9,3 Monate).

Seither gilt die Kombination aus einem Platinmedikament und Pemetrexed als Standard in der medikamentösen Therapie des Brustfellkrebses, sowohl im rein palliativen (ohne Operation), als auch im multimodalen Ansatz in Kombination mit Operation und Bestrahlung. Mittlerweile ist klar, dass viele Patienten mit Brustfellkrebs so auch von einer alleinigen systemischen Therapie profitieren, weshalb diese bei Vorliegen oder Drohen von tumorbedingten Symptomen angepasst an die individuelle Situation des Patienten großzügig eingesetzt werden sollte. Auch von einer systemischen Zweitlinientherapie (nach Versagen einer ersten Art der Chemotherapie) ziehen viele Patienten Nutzen, wenngleich die wissenschaftliche Datenlage hierfür sehr begrenzt ist.

Neue, zielgerichtet wirkende Substanzen (Multi-Kinaseinhibitoren, VEGF-Blocker, monoklonale Antikörper) werden auch bei Brustfellkrebs im Rahmen von klinischen Studien erprobt. Leider gibt es derzeit noch keinen wirklichen Durchbruch bei der medikamentösen Therapie dieser schwer behandelbaren Erkrankung.

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Multimodale Therapieverfahren beim Pleuramesotheliom

Bei fitten Patienten mit Brustfellkrebs kommen sog. multimodale Ansätze zur Anwendung, bei welchen Chemotherapie, Operation und Bestrahlung gemeinsam in unterschiedliche Abfolge eingesetzt werden. So kann die Chemotherapie vor (neoadjuvant) oder nach einer Operation (adjuvant) durchgeführt werden.

Die systemische Therapie kommt bei Brustfellkrebs zum Einsatz, da es je nach Radikalität der OP gehäuft auch zur Entwicklung von Fernmetastasen kommt, denen man so entgegenzuwirken versucht. Wegen der besseren Verträglichkeit wird bei der EPP die neoadjuvante Chemotherapie bevorzugt und dann nach der Operation zusätzlich bestrahlt. Forscher überprüfen derzeit während einer Pilotstudie die Durchführbarkeit einer Spülung der Brusthöhle mit erwärmter Chemotherapielösung im Rahmen der Operation (intraoperative hypertherme Chemoperfusion, HITOC). Dieses Verfahren hat sich als praktikabel erwiesen. Es sind bislang keine unerwarteten Toxizitäten aufgetreten. Verlässliche Daten zum Stellenwert dieses Vorgehens liegen jedoch noch nicht vor.

Nach Einsatz einer EPP im multimodalen Ansatz wird von Überlebenszeiten bis 20 Monaten, einem 2- und 5-Jahres-Überleben von 41 Prozent bzw. 15 Prozent berichtet. Dabei bleibt jedoch unklar, ob die Operation an sich oder ein Selektionsvorteil hierfür verantwortlich ist, da ja nur die fittesten Patienten mit Brustfellkrebs operiert werden, die ohnehin eine günstigere Prognose zu erwarten haben.

Heilungschancen nach der Therapie

Hervorzuheben ist, dass es sich bei den Angaben um statistische Zahlen handelt, die nur für größere Gruppen von Patienten gelten. Sie sind nicht als festes Maß für den Einzelfall zu betrachten. Es gibt immer wieder Krankheitsverläufe, die stark von den statistischen Erwartungen abweichen.

So liegt die sogenannte durchschnittliche Überlebenszeit von Patienten mit Brustfellkrebs statistisch und je nach Situation zwischen 9 bis 17 Monaten, die 1-Jahresüberlebensrate zwischen 12 bis 40 Prozent. In Einzelfällen gibt es aber auch extrem günstige spontane Verläufe von mehreren Jahren, auch ohne weitergehende Therapie, v.a. beim epitheloiden Typ.

In aller Regel handelt es sich beim Pleuramesotheliom um eine nicht heilbare Erkrankung, bei welcher die Behandlung zumeist auf Linderung oder Minderung von Symptomen und damit auf die Erhaltung der Lebensqualität ausgerichtet ist (sog. palliative Therapie). Dies sollte jedoch keinesfalls zu therapeutischem Nihilismus, also hoffnungsloser Untätigkeit, Anlass geben. Auch größere und aggressive operative Eingriffe, die vor allem bei körperlich fitten und damit eher jüngeren Patienten zum Einsatz kommen, haben meist palliativen Charakter, zielen dann aber unter Inkaufnahme einer stärkeren Belastung für den Einzelnen ganz klar auf eine Überlebenszeitverlängerung ab.

Fazit zum Brustfellkrebs

Eingeatmeter Asbestfasern haben fibrosierende und krebserregende Eigenschaften. Eine Entfernung/Entgiftung der Fasern ist nach Ablagerung im Atmungstrakt kaum mehr möglich. Über chronische Entzündungsreaktionen kann so über Jahrzehnte nach Exposition Lungenkrebs und Mesotheliome entstehen.

Jegliche im Zusammenhang mit einer beruflichen Asbestexposition stehende Erkrankung ist grundsätzlich entschädigungsfähig und muss bei der Berufsgenossenschaft angezeigt werden. Vor allem Mesotheliome sind schwer behandelbare Erkrankungen mit eingeschränkter Prognose. Eine Behandlung der Erkrankung sollte an Zentren mit entsprechender Erfahrung erfolgen.

Danksagung des Autors

Ich danke Frau Dr. A. Morresi-Hauf für die histologischen Bilder, Herrn Dr. A. Fertl für die thorakoskopischen Aufnahmen und Herrn Prof. K. Häußinger für die kritische Durchsicht des Manuskriptes.

Verwendete Quellen

  • Diese Arbeit wurde in Auszügen und ähnlicher Form auch in der Münchner Medizinischen Wochenschrift, Springer Medizin, MMW- Fortschr.Med. Nr. 22/2011 (153.Jg.), S.38-41 veröffentlicht.
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Autor:
Dr. med. Thomas Duell M.P.H.