Rachenkrebs


Bei Rachenkrebs handelt es sich um einen bösartigen Tumor des Rachenraumes, der sich meist aus entarteten Schleimhautzellen entwickelt. Mit einem Anteil von 5 Prozent an allen Krebserkrankungen ist Rachenkrebs ein relativ häufig vorkommender Tumor. Die wichtigsten Risikofaktoren für die Entstehung von Rachenkrebs sind Rauchen, Alkoholkonsum und Humane Papillomaviren. Das Erkrankungsalter bei Rachenkrebs liegt meist zwischen 50 bis 70 Jahren.

Häufigkeit von Rachenkrebs

Der Rachenkrebs ist mit einem Anteil von 5 Prozent an allen Krebserkrankungen ein relativ häufig vorkommender Tumor. Der gesamte Rachen kann noch weiter in Mandeln, Gaumen und Zungengrund unterteilt werden. Entsprechend der genauen Lokalisation des Tumors wird er dann z.B. als Mandelkrebs (Tonsillenkarzinom), Nasenrachenkrebs (Nasopharynxkarzinom), Mundhöhlenrachenkrebs (Oropharynxkarzinom) oder Schlundrachenkrebs (Hypopharynxkarzinom) bezeichnet.

Entstehung von Rachenkrebs

Der Rachenkrebs entwickelt sich meist aus entarteten Schleimhautzellen. Diese Schleimhautzellen sehen unter dem Mikroskop wie aufeinanderliegende Platten aus, sodass die Schleimhaut auch als Plattenepithel bezeichnet wird. Entartet eine solche Zelle zu Krebs, spricht man dann von einem Plattenepithelkarzinom. Dies zeigt sich beim Patienten durch einen Schwellung des betroffenen Organes und oft auch durch ein unregelmäßiges Aussehen des Gewebes.

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Tabak- und Alkoholkonsum als Risikofaktoren für Rachenkrebs

Verschiedene Risikofaktoren können zu einer Entartung der Schleimhautzellen und zu Rachenkrebs führen. Der häufigste Risikofaktor für Rachenkrebs ist der regelmäßige Konsum von Tabakrauch und der übermäßige Alkoholkonsum. Im Zigarettenrauch können beispielsweise mehr als hundert verschiedene krebserregende Stoffe nachgewiesen werden. Wird Alkohol und Tabak gleichzeitig konsumiert, vervielfacht sich das Entartungsrisiko noch. Es dauert aber relativ lange, bis durch die regelmäßig konsumierten Giftstoffe tatsächlich ein Rachenkrebs entsteht. Das Erkrankungsalter bei Rachenkrebs liegt meist zwischen 50 bis 70 Jahren.

Humane Papillomaviren (HPV) als Auslöser von Rachenkrebs

In den letzten Jahren hat sich herausgestellt, dass Rachenkrebs auch durch ein spezielles Virus ausgelöst werden kann. Dieser Virus wird als humanes Papillomavirus (HPV) bezeichnet. Es gibt mehr als hundert verschiedene Typen des HP-Virus. Die meisten dieser Viren sind harmlos und verursachen z.B. lediglich Hautwarzen. Allerdings sind bestimmte Formen des Virus in der Lage, sich in die Schleimhautzellen des Rachens einzunisten und dort Rachenkrebs auszulösen. Hierzu zählen HPV 16 und HPV 18. Es handelt sich übrigens um dieselben Viren, die bei Frauen Gebärmutterhalskrebs auslösen können. Wenn das HP-Virus für die Entstehung des Rachenkrebs verantwortlich ist, hat der Tumor ganz bestimmte Eigenschaften. Er spricht besser auf Bestrahlung und Chemotherapie an und die betroffenen Patienten haben bessere Überlebenschancen, da der Tumor weniger aggressiv ist.

Symptome von Rachenkrebs

Rachenkrebs macht sich zunächst oft mit Halsschmerzen bemerkbar. Diese können vom Hals ins Ohr ausstrahlen und werden deshalb gelegentlich als Ohrerkrankung fehlgedeutet. Da im Rachen eine große Anzahl an Lymphbahnen verläuft, kommt es häufig zu einer Absiedlung des Tumors in die Halslymphknoten. Erstaunlicherweise kann es vorkommen, dass diese Absiedlungen viel schneller wachsen, als der eigentliche Rachenkrebs. Warum dies so ist, ist noch nicht abschließend wissenschaftlich aufgeklärt. Auf jeden Fall kann es aber vorkommen, dass ein Knoten am Hals das erste Symptom von Rachenkrebs ist. Mitunter ist der eigentliche Tumor im Rachen so klein oder versteckt gewachsen, dass man ihn mit bloßem Auge nicht sehen kann. Gerade die Mandeln sind von tiefen Furchen durchzogen und in diesen Furchen kann der Tumor lange Zeit unsichtbar wachsen.

Rachenkrebs an der Zunge
Bild 1: Es handelt sich um eine Krebsgeschwulst der Zunge. Auffällig ist hier eine deutliche Asymmetrie der Zunge mit einer erheblichen, einseitigen Zungenschwellung. Der Patient stellte sich aufgrund von starken Schmerzen in der Klinik vor.

Diagnose von Rachenkrebs

Hat ein HNO-Facharzt den Tumor durch die Spiegeluntersuchung HNO-Facharztes entdeckt, muss zunächst eine Gewebeprobeentnahme erfolgen. Nur mit dieser mikroskopischen Untersuchung ist es möglich, eine genaue Diagnose zu stellen. Normalerweise erfolgt die Entnahme in Vollnarkose. Dies hat den Vorteil, dass gleichzeitig der gesamte obere Atem- und Luftweg mit untersucht werden kann, da in 10 bis 20 Prozent aller Fälle von Rachenkrebs gleichzeitig noch weitere Tumoren gefunden werden. Diese spezielle Spiegeluntersuchung wird als Panendoskopie bezeichnet. Um die Ausdehnung des Rachenkrebs zu bestimmen und mögliche Absiedlungen in andere Körperbereiche zu erkennen, wird dann eine sogenannte Computertomographie durchgeführt. Alternativ dazu ist es auch möglich, eine Kernspintomographie anzufertigen, die in speziellen Fällen sogar aussagekräftiger ist.

Wenn die Diagnose und die Ausdehnung des Rachenkrebs bekannt sind und der Patient auf Absiedlungen in andere Körperbereiche untersucht ist, muss individuell besprochen werden, welche Form der Therapie in Frage kommt.

MRT mit Tumor im Bereich der Zunge
Bild 2: Das Kernspintomogramm zeigt einen Tumor im Bereich der Zunge, der sich durch die dunkle Färbung deutlich vom gesunden Gewebe abhebt (s. Pfeil). Mit Hilfe der Kernspinuntersuchung lassen sich Tumoren der Zungen oft gut darstellen.

Behandlung von Rachenkrebs

Zur Behandlung von Rachenkrebs stehen mehrere Therapieformen zur Verfügung. Wenn eine Heilung des Rachenkrebs möglich ist, spricht man von einer kurativen Therapie. Hierfür sind zwei Verfahren möglich, nämlich die Operation und die Bestrahlung. Die operative Therapie kommt zum Einsatz, wenn es technisch möglich ist, den Tumor durch eine Operation vollständig zu entfernen. Außerdem sollte vor der Operation sichergestellt sein, dass keine Fernabsiedelungen (zum Beispiel Lungenmetastasen) vorliegen.

Operative Therapie

Der Primärtumor lässt sich heute in vielen Fällen schonend mit dem Laser entfernen. Hierfür wird unter Vollnarkose durch den geöffneten Mund der Laserstrahl wie ein Skalpell benutzt und der Tumor mit einem Sicherheitsabstand entfernt. Ein Vorteil des Lasers ist, dass er durch die Hitzeentwicklung die Blutgefäße um den Tumor verödet und so ein blutungsarmer Eingriff möglich ist. Aufgrund der häufigen Absiedlung des Tumors in die Halslymphknoten werden die Halslymphknoten gleichzeitig operativ entfernt. Man nennt diesen Eingriff „Neck dissection“. Hierfür ist ein Schnitt von außen am Hals notwendig.

Bei größeren Tumoren ist es gelegentlich notwendig, den durch die Tumorentfernung entstandenen Gewebedefekt wieder aufzufüllen. Hier nutzt der Chirurg häufig ein Transplantat vom Unterarm des Patienten, den sog. Radialislappen, der durch den mikroskopischen Anschluss von Arterie und Vene des Halses im Mundbereich anwächst.

Halslymphknotenmetastase bei Rachenkrebs
Bild 3: Die Abbildung zeigt einen Patienten mit einer großen Halslymphknotenmetastase. Das Bild wurde kurz vor der Operation aufgenommen. Trotz der Größe des Tumors ließ sich die Metastase ohne Komplikationen operativ entfernen. Aufgrund des fortgeschrittenen Tumorstadiums musste der Patient nach der Operation zusätzlich bestrahlt werden. Er ist heute 6 Jahre nach der Behandlung als geheilt anzusehen und hat die Behandlung erfreulicherweise ohne gravierende Nebenwirkungen abgeschlossen.

Bestrahlung von Rachenkrebs

Eine alleinige Bestrahlung ohne Operation kann bei Rachenkrebs auch effektiv sein und zur Heilung führen. Der Vorteil der Bestrahlung ist, dass keine Operation durchgeführt werden muss. Daher wird die alleinige Strahlentherapie oft in Fällen angewandt, in denen der Patient nicht gesund genug für eine Vollnarkose und die lange Operation ist, beispielsweise wenn andere gravierende Erkrankungen wie eine Herzerkrankung vorliegen. Die alleinige Bestrahlung wird auch dann durchgeführt, wenn der Rachenkrebs durch eine Operation nicht komplett entfernt werden kann. Wenn sehr große Tumoren vorliegen, hat der Tumor oft die Wirbelsäule oder die Halsschlagader erreicht und ist mit diesen fest verwachsen. In solchen Fällen ist eine Operation zu risikoreich oder technisch nicht möglich und der Patient wird als „inoperabel“ eingestuft.

In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass die Bestrahlung wirksamer ist, wenn sie mit einer milden Chemotherapie kombiniert wird. Man spricht dann von einer Radiochemotherapie. Diese kombinierte Radiochemotherapie ist mittlerweile Standard und wird nur dann nicht durchgeführt, wenn man dem Patienten keine Chemotherapie verabreichen kann (z.B. bei Leberproblemen). Die Bestrahlung findet über einen Zeitraum von ca. 6 Wochen statt. Die Chemotherapie wird dann gleichzeitig mit der Bestrahlung verabreicht.

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Kombination von Operativer Therapie und Bestrahlung

In einigen Fällen wird bei Rachenkrebs auch eine Operation mit einer Bestrahlung kombiniert. Die Bestrahlung nach einer erfolgreichen operativen Entfernung des Tumors ist sinnvoll, wenn Tumorabsiedelungen in den Halslymphknoten vorliegen oder der Rachenkrebs sehr groß war. Diese Nachbestrahlung senkt das Risiko, dass einzelne Tumorzellen im Patienten verbleiben. Verbliebene Tumorzellen können dazu führen, dass der Rachenkrebs nach einer gewissen Zeit wieder beginnt, zu wachsen. Dies nennt man einen Rezidivtumor. Diese Rezidivtumoren sind meistens sehr schwierig zu behandeln.

Palliative Therapie

Wenn der Rachenkrebs nicht mehr heilbar ist, spricht man von einer „palliativen“ Situation. Auch für einen palliativen Patienten stehen aber effektive palliative Therapien zur Verfügung. Um den Rachenkrebs zurückzudrängen oder wenigstens das Tumorwachstum zu verlangsamen, wird die sogenannte palliative Chemotherapie eingesetzt. Hierfür stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung und der Arzt muss individuell entscheiden, welche Therapie in Frage kommt. In den letzten Jahren kommt auch eine neue Form von Krebsmedikamenten erfolgreich zum Einsatz: die sogenannten Targettherapeutika. Der Vorteil dieser modernen Chemomedikamente ist, dass Sie gezielter die Krebszellen angreifen und deshalb seltener die typischen Nebenwirkungen wie Haarausfall und Übelkeit auslösen.

Heilungschancen bei Rachenkrebs

Wenn der Rachenkrebs in einem frühen Stadium erkannt wird, ist die Prognose gut. Aber auch Patienten, bei denen bereits Absiedlungen in die Halslymphknoten vorliegen, können durch eine kombinierte operative und Strahlen-Chemo-Therapie in bis zu 60 Prozent aller Fälle geheilt werden. Die Heilungschancen sind deutlich schlechter, wenn Absiedlungen in andere Organe wie Lunge, Leber oder Knochen vorliegen. Oft ist dann keine langfristige Heilung mehr möglich.

mikroskopisches Bild eines Zungentumors
Bild 4: Abgebildet ist ein mikroskopisches Bild eines Zungentumors. Die rote Färbung zeigt, dass das HP-Virus den Tumor verursacht hat. Bei nicht durch HPV Viren verursachten Tumoren kommt es bei der sog. p16 Immunhistochemie nicht zu einer Färbung.

Momentan sehr aktuell und intensiv in der Forschung untersucht ist die Erkenntnis, dass zwischen durch HP-Viren verursachten Tumoren und HPV-negativen Tumoren unterschieden werden kann. In den letzten Jahren haben Forscher herausgefunden, dass speziell Patienten mit einem durch HP-Viren verursachten Tumor bessere Heilungschancen haben. Durch spezielle Untersuchungen lässt sich herausfinden, ob HP-Viren für die Entstehung des Tumors verantwortlich sind. Hierfür bietet sich eine Färbung von Tumorproben an, welche schnell und kostengünstig mit speziellen Antikörpern (p16) durchgeführt werden kann.

Zurzeit werden medizinische Studien durchgeführt, um zu untersuchen, welche Therapie bei den HPV-positiven und negativen Tumoren am wirksamsten ist. Momentan ist die Unterscheidung der beiden Tumorvarianten für die Behandlung aber noch nicht ausschlaggebend. Auch eine Impfung gegen HP-Viren bei Rachenkrebs ist noch nicht in der Standardtherapie etabliert.

Autoren:
Prof. Dr. med. Karl-Bernd Hüttenbrink
PD Dr. med. Simon Preuss