Follikuläres Lymphom


Ein Follikuläres Lymphom ist eine relativ seltene, aber bösartige Erkrankung des Lymphsystems. Pro Jahr erkranken etwa 5 bis 7 von 100.000 Menschen in Deutschland neu an Follikulären Lymphomen. Behandelt wird ein Follikuläres Lymphom in der Regel mit einer Chemo-Immunotherapie.

Das menschliche Lymphsystem

Das Lymphsystem besteht aus einem im gesamten Körper verzweigten System feinster Röhrchen, ähnlich wie die Blutgefäße. Aufgabe des Lymphsystems ist es, Infektionen und Entzündungen zu bekämpfen. Dieses System ist an zahlreichen Stellen mit kleinen linsen- bis bohnenförmigen Organen besetzt, die als Lymphknoten bezeichnet werden. Lymphknoten befinden sich vorwiegend in Gruppen

  • am Hals
  • in den Achselhöhlen
  • den Leisten
  • im Bauchraum
  • im Bereich zwischen rechter und linker Lunge (Mediastinum)

Zu den Lymphorganen gehören aber auch die Mandeln, die Milz, die Thymusdrüse und – im weiteren Sinne – das blutbildende Knochenmark.

In den Röhrchen des Lymphsystems zirkuliert eine klare Flüssigkeit (= Lymphe), die eine bestimmte Untergruppe der weißen Blutkörperchen, die sog. Lymphozyten, transportiert. In den Lymphorganen werden in unterschiedlicher Gewichtung diese Lymphozyten produziert, präsentiert, programmiert, gelagert und an ihrem Lebensende abgebaut.

Lymphozyten haben die Aufgabe, in den Körper eingedrungene Krankheitskeime zu bekämpfen, wobei – grob gesagt – die B-Lymphozyten Antikörper gegen Bakterien bilden und die T-Lymphozyten für die Vernichtung von Viren zuständig sind, aber auch die B-Lymphozyten bei der Bildung der Antikörper unterstützen.

Lymphknoten
Lymphknoten © arsdigital / Fotolia

Definition: Follikuläres Lymphsystem

Follikuläre Lymphome gehören zu einer Gruppe von verschiedenen bösartigen Erkrankungen des Lymphsystems, die aus historischen Gründen als indolente (wörtlich: schmerzfrei, hier eher im Sinne von: über längere Zeit langsam wachsend) Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) bezeichnet werden.

Eine bösartige Erkrankung des Lymphsystems ist deswegen so ernst, weil entartete Zellen nahezu im gesamten Körper entstehen und sich leicht verteilen kann. Bei den Follikulären Lymphomen verändern sich B-Lymphozyten anfangs vorwiegend in den Lymphknoten und beginnen sich unkontrolliert zu vermehren.

Man unterscheidet innerhalb der Gruppe der Follikulären Lymphome abhängig von der mikroskopischen Untersuchung des Lymphomgewebes zusätzlich zwischen Grad I, Grad II und Grad III . Grad III wird den aggressiven Lymphomen zugeordnet und hier nicht besprochen.

Ursachen und Risikofaktoren für ein Follikuläres Lymphom

Ungefähr 25 Prozent aller Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) sind Follikuläre Lymphome. Pro Jahr erkranken etwa 5 bis 7 von 100.000 Menschen neu, wobei das mittlere Erkrankungsalter bei 60 Jahren liegt und beide Geschlechter etwa gleich häufig betroffen sind.

Verschiedene Risikofaktoren begünstigen wahrscheinlich die Entwicklung eines Follikulären Lymphoms, etwa

  • organische Lösungsmittel
  • Haarfärbemittel
  • Pestizide und Herbizide
  • Hepatitis C
  • AIDS (für bestimmte aggressive Lymphomarten gesichert)
  • Medikamente zur Unterdrückung der Organabstoßung bei Transplantationen
  • rheumatische Erkrankungen

Diese Risikofaktoren sind aber keineswegs überwiegend durch harte Fakten gesichert.

Bei fast 90 Prozent der Follikulären Lymphome ist eine bestimmte genetische Veränderung nachweisbar, genauer: Veränderungen an den Chromosomen. Chromosomen enthalten die DNA-Informationen einer Zelle. Bei der Zellteilung werden diese Informationen kopiert und in die neue Zelle übertragen. Kommt es zu einer Veränderung eines Chromosoms, überträgt sich auch der Fehler auf die neue Zelle. So auch in diesem Fall: Durch den fehlerhaften Austausch von Abschnitten der Chromosomen 14 und 18 wird dauerhaft ein krebsstimulierendes Gen aktiviert, ein sogenanntes „Onkogen“. Das führt dazu, dass das natürliche „Selbstmordprogramm“ einer Zelle ausgeschaltet wird. Dieses Programm sorgt normalerweise dafür, dass alte und kranke Zellen absterben. Durch das Onkogen werden die fehlerhaften Zellen jedoch unsterblich.

Das Krebswachstum bei Follikulären Lymphomen entsteht also nicht durch eine vermehrte Produktion der Zellen, sondern durch eine stetige Anhäufung von alten, kranken, aber unsterblichen Zellen.

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Symptome: Wie äußert sich ein Follikuläres Lymphom?

Am Anfang zeigen sich bei einem Follikulären Lymphom meist schmerzlose Lymphknotenschwellungen bemerkt, die länger als 4 Wochen bestehen bleiben und für die keine Infektionskrankheit als Ursache offensichtlich ist. Eine vergrößerte Milz kann zu einem Druckgefühl im linken Oberbauch führen, eine vergrößerte Leber zu einem Druckgefühl im rechten Oberbauch.

Besteht eine ausgedehnte Infiltration des Knochenmarks, können Zeichen der gestörten Blutbildung vorhanden sein, beispielsweise

  • Blutarmut (Anämie)
  • Abwehrschwäche (Mangel an weißen Blutkörperchen = Neutropenie)
  • erhöhte Blutungsneigung bei verminderten Blutplättchen (Thrombozytopenie)

Von einer B-Symptomatik spricht man bei folgenden Krankheitszeichen:

  • nicht durch eine Infektionskrankheit zu erklärendes Fieber
  • Nachtschweiß (d.h. Wechsel des Schlafanzuges bzw. der Bettwäsche notwendig)
  • unfreiwilliger Gewichtsverlust von mindestens 10 Prozent in den letzten 6 Monaten

Diagnose: Wie wird ein Follikuläres Lymphom festgestellt?

Klagt der Patient über obengenannte Symptome, erfolgt durch den Arzt nach ausführlicher Erhebung der Krankengeschichte zunächst eine körperliche Untersuchung mit besonderem Augenmerk auf die Lymphknotenstationen, die Milz und die Leber. Zusätzlich führt er Blutuntersuchungen durch. Entscheidend ist aber die operative Lymphknotenentnahme (eine Feinnadelpunktion ist nicht ausreichend!) mit feingeweblicher Untersuchung einschließlich Fahndung nach genetischen Veränderungen in den Tumorzellen.

Das Staging zur Einordnung der Erkrankung

Sollte sich der Verdacht auf ein Follikuläres Lymphom bestätigen, erfolgen (soweit nicht bereits stattgefunden) weitere Untersuchungen zum sog. Staging (= Zuordnung zu einem bestimmten Ausbreitungsstadium). Das Staging hat das Ziel, mehrere Fragen zu beantworten, die für eine Therapieentscheidung und eine Prognose von größter Bedeutung sind:

  • Wie viele Lymphknotenareale sind betroffen?
  • Welche Lymphknotenareale sind betroffen?
  • Befinden sich die betroffenen Lymphknotenareale auf einer Seite des Zwerchfells (das ist die Muskelmembran, die unterhalb von Lungen und Herz gelegen den Brustraum vom Bauchraum trennt) oder nur auf einer Seite, d.h. ober- oder unterhalb davon?
  • Hat die Krankheit außerhalb der Lymphknoten weitere Organe befallen, wie Milz, Knochenmark, Leber u.a.?

Diese Untersuchungen zur Stadien-Zuordnung des Follikulären Lymphoms umfassen:

  • Die Computertomographie (besonderes Röntgenverfahren, bei dem durch einen Computer detaillierte 3-dimensionale Bilder vom Körperinneren aus den durchgeführten Röntgenschichten errechnet werden) von Hals, Brustraum, Bauch und Becken
  • Die Untersuchung des Knochenmarks, wobei in örtlicher Betäubung mit einer Nadel aus dem hinteren Beckenkamm Gewebe entnommen wird. Die früher übliche – und schmerzhafte sowie gefährliche – Punktion des Brustbeines (= Sternalpunktion) wird heute bis auf ganz wenige Ausnahmen nicht mehr durchgeführt.
  • Die Positronenemissionstomographie (PET) macht sich die Tatsache zunutze, dass bei vielen Tumorarten (allerdings auch bei Entzündungen ) das Tumorgewebe vergleichsweise mehr Energie umsetzt und damit mehr Zucker (Glukose) verstoffwechselt, was beim Follikulären Lymphom fast immer zutrifft.

Bei der Positronenemissionstomographie (PET) werden Zucker(= Glukose)-Moleküle mit einer geringen Menge radioaktiver Substanz gekoppelt und dem Patienten in die Blutbahn gespritzt. Aufgrund des höheren Energie-(Glukose)-Umsatzes im Tumorgewebe im Vergleich zu den sonstigen Geweben des Körpers (außer dem Gehirn – hier ist das Verfahren in diesem Zusammenhang deshalb nicht geeignet) reichern sich die radioaktiv markierten Zuckermoleküle im Tumor an und können dort mit einem Scanner erfasst werden. Ein Computer rechnet diesen Scan in eine gleichzeitig mittels Computertomographie erstellte 3-dimensionale Darstellung des Körpers des Patienten hinein. Damit ist eine genaue örtliche Zuordnung des Krankheitsherdes möglich.

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Dreidimensionale Darstellung eines mittens PET lokalisierten Tumors in einem CT-Scan

Kostenübernahme und Nutzen der PET-Untersuchung

In Deutschland ist (im Gegensatz zum westlichen europäischen Ausland) die Kostenübernahme der PET-Untersuchung durch die gesetzliche Krankenversicherung äußerst problematisch. Einschränkend zur PET muss man sagen, dass ihr Einsatz nur dann sinnvoll ist, wenn aus dem Ergebnis Konsequenzen für die weitere Therapie entstehen. So kann ein Stadium I oder II (siehe unten) durch eine baldmöglichst zu erfolgende Strahlentherapie geheilt werden, während die höheren Stadien häufig ein zunächst abwartendes Verhalten rechtfertigen.

Immerhin fand sich in einer Studie zur PET-Untersuchung bei Patienten mit Follikulären Lymphomen, dass mehr als die Hälfte der untersuchten Patienten fälschlich einem niedrigen Stadium zugeordnet waren, während der PET-Befund ein höheres Stadium und damit eine notwendig andere Behandlungsweise anzeigte.

Wie funktioniert die Stadieneinteilung des Follikulären Lymphoms?

Die Stadieneinteilung des Follikulären Lymphoms erfolgt nach der sogenannten Ann-Arbor-Klassifikation und dient als zwingende Voraussetzung für die Therapieentscheidung:

  • Stadium I: Der Krebs hat eine einzige Lymphknotenregion befallen oder einen einzigen nichtlymphatischen Herd (gekennzeichnet durch den Zusatz E, also: IE)
  • Stadium II: Der Krebs hat zwei oder mehr Lymphknotenregionen auf einer Seite (d.h. oberhalb oder unterhalb) des Zwerchfells (siehe oben) befallen oder einen einzelnen nichtlymphatischen Herd mit seinen zugehörigen regionalen Lymphknoten (IIE) mit oder ohne Befall weiterer Lymphknotenregionen, aber immer auf einer Seite des Zwerchfells.
  • Stadium III: Der Krebs hat Lymphknotenregionen oder nichtlymphatische Herde (IIIE) auf beiden Seiten des Zwerchfells befallen und eventuell zusätzlich die Milz (gekennzeichnet durch den Zusatz S, also: IIIS oder IIIES).
    Stadium IV: Ausgedehnter diffuser Befall nichtlymphatischer Organe und Gewebe mit oder ohne Lymphknotenbefall.

Alle Stadien erhalten den Zusatz A oder B (St. II A).

  • A bedeutet: keine Allgemeinsymptome.
  • B bedeutet: nicht durch Infektion oder Entzündung erklärliches Fieber > 38 Grad und/oder Nachtschweiß (zählt nur, wenn Wäschewechsel erforderlich ist) und/oder unfreiwillige, unerklärliche Gewichtsabnahme von mindestens 10 Prozent des Körpergewichtes in den letzten 6 Monaten.

Weiterführendes Wissen: FLIPI-Score

Wurde der Arztbericht über einen Patienten mit Follikulärem Lymphom nach allen Regeln der ärztlichen Kunst verfasst, so findet sich darin noch eine weitere schematische Kategorie: der sogenannte FLIPI-Score. FLIPI ist ein Akronym und steht für: Follicular Lymphoma International Prognostic Index, d.h. International gültiges Schema zur Einschätzung des weiteren Verlaufes bei Patienten mit Follikulären Lymphomen. Dazu wurden an über 4000 Patienten Untersuchungen durchgeführt, um entsprechende Risikofaktoren zu identifizieren:

  • Alter > 60 Jahre
  • LDH-Blutwert oberhalb der Norm
  • Ann-Arbor-Stadium III und IV
  • mehr als 4 Lymphknotenregionen befallen
  • Hämoglobinwert im Blut < 12 g/dl

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Jeder Risikofaktor wird mit 1 Punkt bewertet. Die Punkte werden addiert, anschließend werden Risikogruppen gebildet:

  • 0-1 Punkt: Niedrigrisiko, d.h. die Wahrscheinlichkeit, nach 10 Jahren noch am Leben zu sein, beträgt 71 Prozent.
  • 3-5 Punkte: Hochrisiko, d.h. die Wahrscheinlichkeit, nach 10 Jahren noch am Leben zu sein, beträgt 36 Prozent.

Zu beachten ist, dass der FLIPI-Score nur bei Diagnosestellung gilt, dh. vor der Behandlung. Inzwischen stehen außerdem neue und sehr erfolgreiche Behandlungsmethoden zur Verfügung, die noch nicht in die Bewertung eingeflossen sind. Inzwischen existiert auch ein weiterentwickelter FLIPI2.

Behandlung: Wie und wann wird ein Follikuläres Lymphom behandelt?

Die örtlich begrenzten Stadien I und II werden mit der Aussicht auf eine dauerhafte Heilung bestrahlt. In Ausnahmefällen zählt dazu auch das Stadium IIIA unter der Voraussetzung, dass höchstens 3 eng benachbarte Lymphknotenstationen befallen sind und die Tumormasse nicht zu groß (= „bulky“) ist.

Die höheren Stadien können nur in seltenen Fällen geheilt werden, doch sind sehr langsame Spontanverläufe teilweise über viele Jahre nicht selten. Dadurch kann man eine abwartende, therapiefreie, beobachtende Haltung („ watchfull waiting“) rechtfertigen. Diese Strategie wird neuerdings aber in Frage gestellt.

Bestrahlungstherapie
Medizinischer Linearbeschleuniger zur onkologischen Strahlentherapie © Thomas Hecker / Fotolia

Wann würde man nun die abwartende Haltung verlassen und eine Behandlung des Follikulären Lymphoms beginnen?

Eine Therapie der Follikulären Lymphome sollte eingeleitet werden, wenn eine deutliche Krankheitsaktivität zu verzeichnen ist, d.h.:

  • B-Symptome (siehe oben) auftreten,
    • deutliche Zunahme der Lymphknotenschwellung mit Druckgefühl, Verdrängung oder Einengung anderer Organe oder von Blut- bzw. Lymphgefässen kommt, wenn aufgrund des Knochenmarkbefalls die Blutbildung soweit gestört ist, dass Beschwerden bestehen oder Probleme drohen, z.B. Anämie (Mangel an roten Blutkörperchen) oder Abwehrschwäche bei Mangel an funktionsfähigen weißen Blutkörperchen.

Welche Therapien zur Behandlung des Follikulären Lymphoms gibt es?

Als Behandlungsstandard in der fortgeschrittenen Situation Follikulärer Lymphome gilt heute eine Kombination aus „klassischer“ Chemotherapie mit Zytostatika und der Immunotherapie (= Chemo-Immunotherapie). Diese Therapie kann in der Regel unter ambulanten Bedingungen, z.B. in der Praxis eines Hämato-Onkologen durchgeführt werden und bedarf damit meistens keines Krankenhausaufenthaltes.

Die Chemotherapie besteht häufig aus einer Kombination verschiedener Substanzen, die für die Krebszellen tödlich sind, aber auch für sich schnell teilende gesunde Zellen des menschlichen Körpers, wie z.B. die Zellen der Blutbildung des Knochenmarks und der Haarwurzeln. Da die Chemotherapie über die Blutbahn verabreicht wird, kann sie überall im Körper gegen die Krebszellen wirken.

Das CHOP-Regime und andere Therapien gegen Follikuläre Lymphome

Das CHOP-Regime ist derzeit das gebräuchlichste Therapieschema bei Follikulären Lymphomen und besteht aus den Substanzen

  • Cyclophosphamid
  • Doxorubicin
  • Vincristin und Prednison (Kortisonpräparat, das als einziger Teil des CHOP-Schemas als Tablette verabreicht wird).

Die Chemotherapie wird in ihrer Effizienz deutlich gesteigert durch die zusätzliche Gabe von Rituximab, einem sogenannten monoklonalen Antikörper (dann heißt das Therapieregime R-CHOP). Dieser Antikörper passt genau auf eine Molekülstruktur (CD20), die auf der Zelloberfläche von B-Lymphozyten und Lymphomzellen vorhanden ist. Der Antikörper bindet sich an diese Molekülstruktur, was zum Absterben der Lymphomzellen bzw. zu einer erhöhten Empfindlichkeit gegen die Chemotherapie führt.

Neben dem CHOP-Regime sind auch noch andere Zytostatika-Schema zur Behandlung Follikulärer Lymphome gebräuchlich, wobei neuerdings das Bendamustin in Kombination mit Rituximab (R-B) in Behandlungsstudien gegenüber R-CHOP eine mindestens gleiche Wirksamkeit bei geringeren Nebenwirkungen gezeigt hat.

Wie sieht die Nachsorge nach der Behandlung eines Follikulären Lymphoms aus?

Da ein Follikuläres Lymphom in den höheren Stadien derzeit nur in Ausnahmefällen heilbar ist, kommt es in den meisten Fällen zu einem Krankheitsrückfall (Rezidiv). Diesem Umstand trägt die Nachsorge Rechnung. Es sollte in 3 bis 6 monatlichen Abständen eine körperliche Untersuchung, besonders auch der Lymphknotenstationen stattfinden sowie eine Blutuntersuchung mit mindestens großem Blutbild und LDH. Auch die Behandlung mit dem schon oben angesprochenen Antikörper Rituximab, der dann alleine ohne Chemotherapie über zwei Jahre alle 3 Monate verabreicht wird, gelingt in dieser Hinsicht bis zu einem gewissen Grade. Der Wert einer sogenannten Hochdosistherapie mit Rückgabe eigener Blutstammzellen zur Stabilisierung des Behandlungserfolges kann im Vergleich zur R-CHOP-Behandlung mit 2-jähriger Rituximab-Erhalungstherapie nicht sicher beurteilt werden.

Nur wenn ein konkreter Verdacht auf einen Rückfall bzw. ein Voranschreiten der Erkrankung besteht, sollte eine apparative Untersuchung mit CT des Halses, des Brustraumes, des Bauches (hier eventuell auch Ultraschall ausreichend) und des Beckens erfolgen. Bei Verdacht auf Befall des Knochenmarks sollte auch die Beckenkammpunktion wiederholt werden.

Da ein Teil der Follikulären Lymphome im späteren Verlauf in ein aggressives Lymphom transformiert, empfiehlt sich bei entsprechendem Verdacht eine erneute operative Lymphknotenentnahme mit anschließender feingeweblicher Untersuchung, da aggressive Lymphome ein anderes Vorgehen erfordern.

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Alternative Behandlungsmethoden und Rezidiv-Therapie

Die meisten Patienten erleiden einen Krankheitsrückfall, manche Patienten aber sprechen bereits auf die Erstlinien-Therapie gar nicht oder nur schlecht an. Auch in solchen Situationen bestehen noch eine ganze Reihe von aussichtsreichen Behandlungsmöglichkeiten, beispielsweise die erneute (= Re-Induktion) Chemo-Immunotherapie, wobei die Zytostatika ausgetauscht werden können, z.B. Bendamustin statt CHOP. Die alleinige Verabreichung von Rituximab stellt bei schlechtem Allgemeinzustand eine gute Option dar.

Außerdem besteht die Möglichkeit, eine Hochdosischemotherapie mit nachfolgender Infusion zuvor gewonnener eigener Blutstammzellen (= autologe Stammzelltransplantation) durchzuführen. Bei einer Blutstammzelltransplantation werden im Prinzip die (erkrankten) Blutzellen im Knochenmark durch spezialisierte Vorläuferzellen (= hämatopoetische Stammzellen), aus denen sich dann wieder die normalen Blutzellen entwickeln, ersetzt. Solche Stammzellen finden sich sowohl im Blut als auch im Knochenmark. In vielen Fällen hat heute die Blutstammzelltransplantation die Knochenmarkstransplantation ersetzt. Dabei werden die Stammzellen aus dem Blut gewonnen und in eine Vene infundiert.

Die Stammzelltransplantation als Therapie gegen ein Follikuläres Lymphom

Transplantation eigener Stammzellen

Bei einer autologen Stammzelltransplantation werden die eigenen Stammzellen verwendet. Sinn der Sache ist es, sehr hohe Dosen an Chemotherapie verabreichen zu können. Diese töten zwar den Krebs mit hoher Wirksamkeit ab, vernichten aber auch unumkehrbar das normale – ja aus sich schnell teilenden Zellen bestehende – Knochenmark mit seiner lebensnotwendigen Bildung von Blutzellen (weiß, rot und Blutplättchen), was immer zum Tode führen würde. Aus diesem Grunde gibt man dem Patienten nach erfolgter Hochdosischemotherapie seine eigenen zuvor gewonnenen Stammzellen zurück, die sich selbsttätig wieder im Knochenmark ansiedeln und anfangen, die abgetöteten Blutzellen zu ersetzen. Diese Prozedur ist aufwendig und nicht ungefährlich und wird nur in spezialisierten Zentren durchgeführt.

Transplantation von Stammzellenspendern

Bei jüngeren Patienten erfolgt die Transplantation von Blutstammzellen eines Spenders (= allogene Stammzelltransplantation). Solche Spender müssen bestimmte genetische Übereinstimmungen (HLA-Matching) mit dem Empfänger aufweisen. Es können sowohl Blutsverwandte als auch Fremde sein. Aufgrund der Problematik der schwierigen Spendersuche wurden Stammzellspenderkarteien, in denen sich freiwillige Spender haben genetisch testen lassen, aufgebaut.

Im Unterschied zur autologen Stammzelltransplantation macht man sich neben der Vernichtung der Lymphomzellen durch hohe Dosen von Chemo- oder Strahlentherapie bei der allogenen Transplantation auch die Fähigkeit der transplantierten fremden Zellen zunutze, die Lymphomzellen des Empfängers als bösartige unerwünschte Fremdlinge zu erkennen und abzutöten (= „graft-versus-lymphoma“-Effekt). Dieses Verfahren ist prinzipiell in der Lage, die Krankheit zu heilen, birgt jedoch spezifische Gefahren. Es ist deshalb nur für jüngere „fitte“ Patienten geeignet. Neuerdings werden auch – unter der Vorstellung, dass der „graft-versus-lymphoma“-Effekt die Hauptarbeit erledigt – Therapieregime mit geringerer Chemotherapie-/Strahlendosis verwendet. Damit können dann auch ältere Patienten dieser Behandlung zugeführt werden.

Radioimmuntherapie

Eine weitere sehr wirkungsvolle Möglichkeit der Behandlung Follikulärer Lymphome besteht auch in der Gabe einer sogenannten Radioimmuntherapie. Hierbei wird ein Antikörper, der wie schon bei Rituximab beschrieben, gegen das Zelloberflächenmolekül CD-20 gerichtet ist, mit einem radioaktiven Strahler (Isotop) sehr kurzer Reichweite verkoppelt. Ein solches Gebilde nennt sich dann Yttrium-Ibritumomab-Tiuxetan.

Was gibt es an neuen Entwicklungen zur Behandlung Follikulärer Lymphome?

Eine Reihe neuer Behandlungsverfahren und Substanzen, die hier nur genannt sein sollen, befinden sich in klinischer Prüfung. Dazu zählen Bortezomib, Lenalidomid, Flavopiridol und neue Antikörper. Auch eine Impfung zur Verhinderung eines Rückfalls nach erfolgreicher Erstlinien-Therapie wird derzeit untersucht.

Neuerdings werden Versuche unternommen, sich in den fortgeschrittenen Stadien Follikulärer Lymphome statt wie oben beschrieben in bestimmten Fällen abwartend zu verhalten, eine aktive, gewissermaßen „vorbeugende“ Therapie mit dem Antikörper Rituximab durchzuführen. Zwar kann die Wahrscheinlichkeit, dass die Krankheit voranschreitet, damit vermindert werden, ob der Patient allerdings effektiv länger überlebt, ist noch völlig offen.

Arztsuche

Auch wenn heute im Stadium III und IV des Follikulären Lymphoms meist (noch) keine Heilung möglich ist, so kann die Krankheit doch mit den modernen Behandlungsmethoden über viele Jahre im Schach gehalten und ein weitgehend normales Leben geführt werden.

Autor:
Dr. med. Tristan A. de Lage