ZNS-Tumore (ZNS-Krebs)


Bei ZNS-Krebs handelt es sich um bösartige Tumore des Zentralnervensystems (ZNS), die ihren Ursprung im Gehirn oder Rückenmark haben. Als Symptome von ZNS-Krebs treten häufig Kopfschmerzen, neurologische Ausfälle sowie Epilepsie auf.

Definition: ZNS-Tumore

Bei ZNS-Krebs (ZNS = Zentralnervensystem) sind zunächst primäre (von neuroektodermalen Hirnstrukturen ausgehende) ZNS-Tumore von meningealen (die Hirnhäute betreffenden) ZNS-Tumoren sowie sekundären, in der Regel metastatisch bedingten ZNS-Tumoren abzugrenzen. Diesbezüglich schwer zuzuordnen sind ZNS-Lymphome, in der Regel Non-Hodgkin-Lymphome sowie primär meningeale Melanome, Sarkome und Keimzelltumore.

Maligne (high-grade) Gliome sind hochbösartige, schnell wachsende Tumore des Gehirns und werden unterteilt in anaplastische Gliome (Grad 3 –Astrocytom und Oligodendrogliom sowie Mischformen) und Glioblastoma multiforme (Grad 4). Astrocytome und Oligodendrogliome treten auch als niedrig maligne Grad 1- und Grad 2-Variante (je nach Mitosereichtum) auf. Weitere sogenannte Low-Grade Gliome sind Ependymome (ausgehend von der Ependymauskleidung der Hirnventrikel) und die meisten Meningeome (ausgehend von Arachnoidalzellen der Meningen).

Arztsuche

Im Kindesalter finden sich eher hochmaligne, embryonale, sogenannte PNET-Tumore (primitive neuroektodermale Tumore) wie Neuroblastome und Medulloblastome (vorwiegend im 4. Ventrikel). Häufige gutartige und klinisch bedeutsame ZNS-Tumore des Kindesalters sind Hämangiome sowie das Kraniopharyngeom, aus embryonalen Hypophysenresten entstanden und wegen seiner Auswirkung auf Sehnerven und Hypophyse konsequent zu behandeln. Weiterhin gibt es das Akustikusneurinom, aus Schwannschen Zellen des 8. Hirnnerven entstanden und wegen seiner Folgen für Gehör und Gleichgewicht eine klare frühzeitige OP-Indikation.

Wegen des hohen Gefäßreichtums der HG-Gliome erscheinen antiangiogenetische Therapien, d.h. Therapien mit dem Ziel die Bildung neuer Gefäßstrukturen zu hemmen (z.B. anti-VEGF-MAK, Bevacizumab) aussichtsreich. Eine diagnostische Problematik in der Effektbeurteilung stellt die sogenannte Pseudoprogression dar, d.h. die morphologische Volumenzunahme unter Therapie durch Ödem bzw. Nekrose. Deshalb sollten Untersuchungen unter gleichen Bedingungen (Dexamethason, Bevacizumab) stattfinden, gegebenenfalls unter Einsatz der hochspezifischen PET-CT mit markierten Aminosäuren (C11- MET, F18- FET).

Symptome von ZNS-Tumoren

Ein Symptom eines ZNS-Tumors sind initial häufig, aber keineswegs obligat, isolierte Kopfschmerzen. Ansonsten treten je nach Lokalisation des ZNS-Tumors das gesamte Spektrum neurologischer Ausfälle sowie Epilepsie auf.

Kopfschmerzen© fred goldstein / Fotolia

Diagnose von ZNS-Tumoren

Die Diagnose von ZNS-Tumoren wird anhand der folgenden Untersuchungen gestellt:

  • bildgebende Verfahren, vorzugsweise MRT, PET-CT
  • stereotaktische Biopsie mit neuropathologischer Charakterisierung, insbesondere MGMT-Status

Therapie von ZNS-Tumoren

Als Therapie von ZNS-Tumoren erfolgt meist eine neuroprotektive Radikal-Operation (d.h. eine Operation mit dem Ziel, eine Schädigung in Gehirn und Rückenmark zu verhindern oder zu vermindern und die Regeneration zu fördern) unter Neuronavigation mit Fluoreszenzfarbstoffanfärbung (ALA; sog. fluorescence guided surgery) LOE 1B. Eine Komplettresektion (operative Entfernung) des ZNS-Tumors mit dieser Methode scheint eine deutliche Verlängerung der Überlebenszeit zu bringen. Im Übrigen verbessert ein maximales Tumordebulking (d.h. die operative Entfernung von so viel Tumorgewebe wie möglich) die Ergebnisse der nachfolgenden, ergänzenden Radiochemotherapie, die sich immer anschließen sollte.

Nach der Strahlentherapie folgt eine Phase mit maximal 6 Zyklen einer ergänzenden Chemotherapie mit Temodal 150 bis 200mg/m2 d1-5 alle 4 Wochen (sogenannte Stupp-Protokoll). Die weitere Fortsetzung der Chemotherapie hat keine zusätzlichen Vorteile mehr erbracht. Insbesondere ZNS-Tumore mit MGMT-Methylierung (Methyl-Guanin-Methyl-Transferase) haben ein deutlich verbessertes Überleben (49 Prozent 2-Jahres-Überleben) unter dieser Therapie gezeigt, während bei fehlender Methylierung häufiger ein Therapieversagen beobachtet wurde. Wegen deutlicher Emetogenität (Übelkeit und Erbrechen als Nebenwirkung der Chemotherapie) des Temodals sollte routinemäßig ein Setron, d.h. ein Medikament, das Übelkeit und Brechreiz unterdrückt (z.B. Ondansetron 8mg), dazugegeben werden.

Arztsuche

Therapie von ZNS-Krebs nach Krankheitsrückfall

Bei Unklarheiten sollte nach einem Krankheitsrückfall mit ZNS-Krebs eine erneute Operation mit Debulking (Entfernung von so viel Tumorgewebe wie möglich) erfolgen. Gegebenenfalls sollte zusätzlich die Einlage eines Carmustin-Polymerimplantats (Carmustine polymer wafer; Gliadel) stattfinden. Nach der individuellen Entscheidung im Tumorboard erfolgt gegebenenfalls eine erneute Kleinfeldbestrahlung bzw. Gammaknife mit dem hohen Risiko von Radionekrosen (Absterben von Gewebe), gegebenenfalls in Kombination mit Bevacizumab (Avastin).

Als alternative Therapie von ZNS-Tumoren nach einem Krankheitsrückfall steht die interstitielle Brachytherapie (Therapie, bei der die Strahlenquelle mittels Nadeln oder Schläuchen direkt in den Tumor eingeführt wird, um ihn von innen heraus zu zerstören) mit Implantation radioaktiver Seeds oder Reservoire zur Verfügung. Eine weitere Alternativen ist die systemische Chemotherapie mit Bevacizumab (Avastin; 10mg/kg, LOE 2B) in Kombination mit Irinotecan (Campto; 125 mg/m2 alle 2 Wochen) oder Nitrosoharnstoffen (Carmustin iv = Carmubris, Lomustin = Cecenu po, Nimustin iv. = ACNU ), oder auch in anderen bewährten Kombinationen (z.B. PCV –Schema: Procarbaazin = Natulan, CCNU = Cecenu, Vincristin).

Die Therapie von ZNS-Tumoren mit Avastin (10mg/kg) und mit Campto (125 mg/m2) alle 2 Wochen erbrachte objektive Responseraten von 28 bis 38 Prozent mit 6-Monaten-Überleben von 50 Prozent, 1-Jahres-Überleben von 38 Prozent bzw. 8.7-Monaten-Überleben absolut. Wegen der hohen Thrombosegefahr unter dieser Therapie ist eine kontinuierliche Antikoagulation (zB. Rivaroxaban, Xarelto oder Heparin) dringend zu empfehlen.

Autor:
Dr. med. Wolfgang Abenhardt